Aufgedeckt: Illegale Fischerei und Menschenrechtsverletzungen durch Chinas Fernfischereiflotte
In der chinesischen Fernfischereiflotte, der mit Abstand größten weltweit, sind Menschenrechtsverletzungen und illegale Fischerei weit verbreitet. In der bislang umfassendsten Analyse der Flotte zeigt ein neuer EJF-Bericht auf, dass staatliche Subventionen es ermöglicht haben, dass die Flotte die Gewässer von Ländern des Globalen Südens ausbeutet, die auf Fisch und Meeresressourcen für ihre Ernährungssicherheit und ihre Lebensgrundlagen angewiesen sind.
Illegale Fischerei
Illegaler Fischfang ist in Chinas Hochseeflotte weit verbreitet: Die von EJF gesammelten Aussagen von über hundert Besatzungsmitgliedern an Bord von 88 Schiffen liefern Beweise für verschiedene Formen illegalen Fischfangs.
Fast alle befragten Crew-Mitglieder gaben an, dass Haien an Bord der Schiffe illegal die Flossen abgetrennt wurden – eine grausame Praxis, bei der die wertvolleren Flossen abgetrennt und die Tiere anschließend zum Sterben über Bord geworfen werden. Smartphone-Aufnahmen, die EJF vorliegen, zeigen zudem, wie Seelöwen zu Tode geknüppelt und ihre Köpfe abgetrennt wurden. Mehr als ein Drittel der Befragten berichtete, dass geschützte Arten wie Schildkröten und Robben auf ihren Schiffen gefangen und getötet wurden. Rund ein Fünftel der Besatzung gab außerdem an, dass Delfine routinemäßig als Köder für Haie geschlachtet wurden.
Menschenrechtsverletzungen
Staatliche Subventionen in Höhe von rund 1,65 Milliarden Euro ermöglichen nicht nur illegalen Fischfang, sondern auch schwere Menschenrechtsverletzungen an Bord der Schiffe: Arbeiter berichteten von körperlicher Misshandlung, zermürbenden Arbeitszeiten, unzureichender Versorgung mit Nahrung und Wasser sowie Zwangsarbeit durch chinesische Kapitäne und andere Führungspersonen.
Die Interviews und das Filmmaterial, das EJF zusammengetragen hat, belegt unter anderem, dass indonesische Besatzungsmitglieder von leitenden chinesischen Crew-Mitgliedern mit Metallrohren geschlagen und mit Messern bedroht wurden. Insgesamt gaben 58 % der Befragten an, dass sie körperliche Gewalt gesehen oder erlebt haben; 85 % berichteten von missbräuchlichen Arbeits- und Lebensbedingungen. Darüber hinaus gaben fast alle befragten Besatzungsmitglieder (97 %) an, dass sie in irgendeiner Form von Schuldknechtschaft betroffen waren, oder dass ihnen wichtige Dokumente wie Pässe abgenommen wurden.
Intransparente Unternehmen
Der Bericht untersucht nicht nur die auf See begangenen Straftaten, sondern auch die Unternehmen, die an diesen Verstößen beteiligt sind. Die Befunde verdeutlichen die komplexen Unternehmensstrukturen der Flotte an Land: In Ghana beispielsweise stehen mindestens 90 % der industriellen Schleppnetzfischereiflotte des Landes unter Verdacht, chinesischen Unternehmen zu gehören, die sich über lokale Scheinfirmen als ghanaische Unternehmen registrieren lassen und so die lokalen Gesetze umgehen. Viele dieser Schiffe wurden wiederholt mit illegalem Fischfang in Verbindung gebracht.
Wo der von der Flotte gefangene Fisch letztendlich landet, ist ebenfalls nur sehr schwer nachzuvollziehen, sodass es kaum oder gar nicht möglich ist, Lieferketten zurückzuverfolgen. Bekannt ist jedoch, dass eine Reihe chinesischer Fernfischereifahrzeuge Genehmigungen für den Export nach Europa besitzen. China ist zudem der größte Handelspartner für Fisch und Meeresfrüchte der USA.
Ausbeutung von Gewässern des Globalen Südens
Die chinesische Fernfischereiflotte ist sehr präsent in vielen Ländern und Regionen, die nur über begrenzte Kapazitäten zur Überwachung von Fischereifahrzeugen verfügen, aber in hohem Maß von der Fischerei abhängig sind, um die Ernährungssicherheit vor Ort und Lebensgrundlagen zu sichern.
Der Großteil der von der chinesischen Regierung genehmigten Fischereiprojekte in anderen Ländern liegt mit 78,5 % in afrikanischen Gewässern. In Westafrika, einer Region, die für illegale Fischerei traurige Berühmtheit erlangt hat, fängt die chinesische Grundschleppnetzflotte jedes Jahr schätzungsweise 2,35 Millionen Tonnen Fisch und Meeresfrüchte. Nach einigen Schätzungen entspricht dies etwa der Hälfte der gesamten Fänge der chinesischen Hochseeflotte, mit einem Wert von über 4,55 Milliarden Euro. Viele Fischpopulationen vor Afrika werden stark befischt und sind teilweise bereits in einem kritischen Zustand. Eine weitere Verschlechterung hätte katastrophale Auswirkungen für bereits jetzt vulnerable Küstengemeinden.
Diese staatlich subventionierten Schiffe verwüsten den Ozean, fördern Menschenrechtsverletzungen und heizen Umweltzerstörung und -ungerechtigkeiten weiter an. Dabei verstecken sie sich hinter komplexen Unternehmensstrukturen und verhindern dadruch, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden können.
Die Erkenntnisse der EJF-Untersuchung verdeutlichen das allgemeine Versagen der chinesischen Regierung bei der wirksamen Kontrolle und Regulierung ihrer Fernfischereiflotte. Sie zeigen aber auch ein weitaus größeres internationales Problem auf: den eklatanten Mangel an Transparenz im Fischereisektor. China muss seine Flotte stärker kontrollieren. Gleichzeitig sollte jedes Land, das Fisch importiert, der von chinesischen Schiffen gefangen wurde, volle Transparenz entlang der gesamten Lieferkette einfordern. Nur so können Verbraucher*innen sicher sein, dass sie keine Produkte kaufen, die mit der Zerstörung unseres Ozeans und Menschenrechtsverstößen in Verbindung stehen.
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