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Verlust der biologischen Vielfalt ist mehr als ein „Umweltproblem“
Feb. 05, 2021

Verlust der biologischen Vielfalt ist mehr als ein „Umweltproblem“

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Ein kürzlich veröffentlichter Bericht des britischen Finanz- und Wirtschaftsministeriums fordert die Art und Weise, wie wir denken, handeln und wirtschaftlichen Erfolg messen, zu ändern, um die natürliche Welt zu schützen. Doch ihr Schutz und somit der unserer aller Lebensgrundlagen gilt weithin noch als "Kostenfaktor". Dabei wäre es eine Investition mit traumhafter Rendite: eine nachhaltige Zukunft für die Menschheit.

Der von Professor Sir Partha Dasgupta geleitete Bericht "The Economics of Biodiversity" legt einen neuen, umfassenden Rahmen vor, wie wir die Natur in der Wirtschaft berücksichtigen sollten – in dieser Form ist er der erste seiner Art. Die Welt sei einem "extremen Risiko" ausgesetzt, weil die Logik der Wirtschaft den rapiden Raubbau an der Natur nicht berücksichtige. Eine der Kernforderungen der Autor*innen: Wir müssen unser Verständnis von wirtschaftlichem Erfolg grundlegend verändern und die Schäden an der Natur in die Rechnung miteinbeziehen.

Es ist etwas Besonderes, diese Erkenntnis aus dem Finanzministerium zu hören und nicht etwa aus dem Umweltministerium (Department for Environment, Food and Rural Affairs). Ist dies ein Zeichen dafür, dass die britische Regierung die Zerstörung der Natur nicht länger als ein isoliertes "Umweltproblem" betrachtet, sondern als eine gesamtgesellschaftliche und somit auch wirtschaftliche Krise?

Das allein würde allerdings nicht reichen – die Regierung muss handeln. Was wir heute investieren, würde uns morgen vor den weitaus höheren Kosten der katastrophalen Folgen des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Klimakrise schützen. Um das zu verinnerlichen, brauchen wir ein tiefergehendes, besseres Verständnis der wirtschaftlichen und sozialen Vorteile einer kohlenstofffreien Wirtschaft und einer intakten natürlichen Umwelt.

Das betrifft keineswegs nur Großbritannien: Alle Regierungen müssen den Weg zur Nachhaltigkeit ebnen und dabei gezielt die Macht des Marktes sowie die Energie und den Einfallsreichtum der Unternehmen nutzen. Dieser Übergang muss die Menschen und die Gesellschaft mitnehmen und den Mythos hinter sich lassen, dass der Schutz unserer natürlichen Umwelt immer mit Kosten verbunden ist. Eines ist sicher: Die Kosten der Untätigkeit sind weitaus höher.

Das sechste Massenaussterben schreitet in dramatischem Ausmaß voran. Der durchschnittliche Verlust an Wirbeltierarten während des letzten Jahrhunderts ist bis zu 100-mal höher als die natürliche, erdgeschichtliche Hintergrundrate – und diese konservative Schätzung liegt vermutlich noch unter dem tatsächlichen Ausmaß des Problems.

Die Gründe für diese beispiellose Welle des Aussterbens sind zahlreich: vom Verlust von Lebensraum, Überfischung und Umweltverschmutzung hin zum kommerziellen Wildtierhandel. Der Zusammenbruch des Klimas verändert Lebensräume auf dem gesamten Planeten. Immer mehr Arten, die mit dem Tempo der globalen Erwärmung nicht mithalten können, sind vom Aussterben bedroht.

Es ist die entscheidende Herausforderung unserer Zeit. Wir fordern Regierungen weltweit auf, mutig zu sein und die miteinander verflochtenen Krisen des Klimas, der biologischen Vielfalt und der Menschenrechte zu erkennen und gemeinsam effektive Maßnahmen umzusetzen.

Es ist also wichtig, dass das britische Finanzministerium erkennt, dass angesichts dieser Krisen der gewohnte Gang der Dinge keine Option ist. Wir müssen uns ändern. Und das bedeutet, zu handeln. Hoffen wir, dass Regierungsvertreter*innen aller Nationen diese Botschaft verstehen und sie zur UN-Klimakonferenz im November diesen Jahres mitnehmen.