30x30 Ozeanschutzplan kann Meere und Menschenrechte schützen
Der Ozean absorbiert etwa ein Viertel aller menschengemachten CO₂-Emissionen und nimmt 90 % der zusätzlichen Wärme auf, die durch steigende Treibhauskonzentrationen in der Atmosphäre entsteht. Darüber hinaus sind Fisch und Meeresfrüchte eine wichtige Proteinquelle für 3,3 Milliarden Menschen auf der Welt. Trotzdem sind gerade einmal 8 % des Ozeans als Schutzgebiete ausgewiesen und selbst diese Gebiete werden oft nicht ausreichend kontrolliert oder geschützt. Es ist Zeit für einen wirksamen und gerechten Wandel.
Auch wenn die Ausgangslage düster scheint, gibt es Hoffnung für unsere Meere: Auf der Weltnaturkonferenz (COP15) im letzten Jahr wurde das 30x30-Ziel als Teil des Globalen Biodiversitätsrahmens von Kunming-Montreal (GBF) festgelegt. Bundesumweltministerin Steffi Lemke hatte sich dafür mit Nachdruck eingesetzt. Es sieht vor, bis 2030 mindestens 30 % der globalen Land- und Meeresfläche unter effektiven Schutz zu stellen. Außerdem einigten sich die UN-Mitgliedstaaten im März 2023 auf ein internationales Hochseeabkommen (BBNJ), das dazu beitragen soll, einige der abgelegensten Teile unserer Meere zu schützen. Wird es von mindestens 60 Ländern ratifiziert, wäre es ein zentraler Pfeiler für den 30x30 Ozeanschutzplan. Ein solcher ist zwingend nötig, um gesunde Meere für heutige und künftige Generationen zu bewahren.
Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten stoppen
Im Rahmen der 30x30-Pläne ist die Einrichtung neuer Meeresschutzgebiete (Marine Protected Areas, MPAs) geplant. Diese müssen unbedingt effektiv und wirksam sein, denn viele der derzeitigen „Schutzmaßnahmen“ schützen unsere Meere leider nicht ausreichend. Bleibt beispielsweise Grundschleppnetzfischerei weiterhin in MPAs erlaubt, sind Schutzgebiete nichts weiter als bloße Linien auf Papier, die ihrer Funktion nicht annähernd gerecht werden.
Bei der Grundschleppnetzfischerei ziehen Schiffe riesige schwere Netze über den Meeresboden und verwandeln artenreiche Gebiete in leblose Wüsten. Diese unselektive Form der Fischerei fängt alles, was ihr in den Weg gerät – von Schildkröten, Seesternen und Schwämmen bis hin zu jahrhundertealten Korallenriffen.
In der Europäischen Union sind 12 % der Gewässer zwar als Schutzgebiete ausgewiesen, aber weniger als 1 % der Meeresfläche ist wirklich streng geschützt. In MPAs wird außerdem mehr Grundschleppnetzfischerei betrieben, als in nicht geschützten Gebieten. Eine aktuelle Untersuchung von Oceana Europe und Global Fishing Watch verdeutlicht die dramatische Lage speziell in Deutschland: 2020 gehörten fünf deutsche Schutzgebiete zu den Top 10 der am stärksten mit Grundschleppnetzen befischten Gebieten in der EU.
Diese Missstände sind nur einige Beispiele für ein globales Problem, das direkte Folgen für die Menschen hat, die am stärksten auf Meeresressourcen angewiesen sind. Mehr als 100 Millionen Menschen leben von der Klein- und Subsistenzfischerei; in vielen Fällen haben sie kaum oder nur wenige Alternativen, um ihren Lebensunterhalt, ihr Einkommen oder ihre Ernährung zu sichern. Grundschleppnetz-Trawler fischen oft vor den Küsten ärmerer Länder und konkurrieren damit direkt mit einheimischen Fischern. Die Grundschleppnetzfischerei kann darüber hinaus erhebliche Mengen an Kohlenstoff, der in den Sedimenten des Meeresbodens gespeichert ist, aufwirbeln, was die Versauerung des Ozeans zu beschleunigen droht und möglicherweise die globale Klimakrise verschärfen könnte.
Nicht auf ersten Erfolgen ausruhen
Das UN-Hochseeabkommen schützt unseren Ozean nicht direkt vor bestehenden Bedrohungen wie illegaler Fischerei, Überfischung und Tiefseebergbau. Die zuständigen internationalen Gremien, wie etwa die Internationale Meeresbodenbehörde (ISA), die über Tiefseebergbau entscheidet, müssen deshalb dringend der Stoßrichtung des BBNJ-Abkommens folgen und unverzüglich Maßnahmen zum Schutz des Ozeans ergreifen.
Der neue globale Rahmen für die biologische Vielfalt und das UN-Hochseeabkommen sind wegweisende Vereinbarungen, um die Gesundheit unserer Meere zu sichern. Jetzt gilt es, sie schnell, effektiv und gerecht umzusetzen. In der Debatte über die Einrichtung und Verwaltung von Schutzgebieten sowie in der Umsetzung und Gestaltung entsprechender Maßnahmen müssen lokale und indigene Gemeinschaften zwingend einbezogen werden und eine Schlüsselrolle einnehmen. Sie sind es, die die negativen Folgen der Ausbeutung natürlicher Ökosysteme als erste und am stärksten spüren – sie sind es auch, die einen entscheidenden Beitrag zu ihrem Schutz leisten und ohne die wir die Wiederherstellung der Natur und ihrer Artenvielfalt nicht schaffen werden.
Regierungen und Entscheidungsträger*innen weltweit haben es jetzt in der Hand, unseren Ozean und alles Leben, das er ermöglicht, besser zu schützen – nur dann kann er uns dabei unterstützen, die Klimakrise und das weltweite Artensterben endlich zu beenden.
UN-Mitgliedstaaten, die das Hochseeabkommen bislang noch nicht ratifiziert haben, sollten dies umgehend tun. Zudem müssen Staaten dringend konkrete Pläne für die Ausweisung von Schutzgebieten vorlegen, um in den kommenden Jahren ein wirksames globales Netz aus MPAs zu schaffen – in Küstengebieten und auf Hoher See. Und schließlich braucht es endlich ein effektives und tatsächliches Verbot von Grundschleppnetzfischerei in Schutzgebieten, in Europa und darüber hinaus.
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