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Juni 16, 2020

Zeit für ein Abkommen, das unseren Blauen Planeten wirklich schützt

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

Ein Abkommen zum Schutz der Hohen See würde dazu beitragen, die Artenvielfalt zu bewahren und den Klimawandel zu bekämpfen. Gleichzeitig wären sowohl die Ernährungssicherheit als auch die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen besser geschützt. Angesichts globaler Krisen wie der Covid-19-Pandemie ist dies aktuell wichtiger denn je.

Warum brauchen wir das Abkommen?

Nur 1% der Hochsee steht unter Schutz, obwohl sie von einzigartiger Bedeutung für die Artenvielfalt und für uns Menschen ist. Sie macht 95% der belebten Erdoberfläche aus und bietet unzähligen Tierarten – von Albatrossen über Meeressäuger bis hin zu Haien und Schildkröten – einen einzigartigen Lebensraum.

Während die Welt die erste Welle der Covid-19-Krise durchläuft, ist der Schutz der Hohen See aktuell wichtiger als jemals zuvor. Denn ein internationales Abkommen würde nicht nur den Schutz vieler mariner Tier- und Pflanzenarten garantieren. Auch die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen sowie die Herstellung wichtiger Medikamente wären gewährleistet.

Darüber hinaus ist der Schutz der Hochsee ebenfalls ein entscheidender Schritt, um die Klimakrise zu bewältigen. Die Ozeane absorbieren unglaubliche Mengen an CO2: Über 90% der Erderwärmung zwischen 1971 und 2010 wurde direkt von den Ozeanen absorbiert. Doch es sind nicht einzig und allein die Meere, die unseren Schutz sicherstellen.

Die Hohe See beheimatet eine Vielzahl wild lebender Tiere, die einen entscheidenden Beitrag zur Gesundheit unseres Planeten leisten. So unterstützen Wale zum Beispiel indirekt das Wachstum von Phytoplankton. Würden sich Plankton-Populationen nur um 1% erhöhen, hätte dies die gleichen positiven Klimaeffekte, wie das Pflanzen von rund zwei Milliarden ausgewachsenen Bäumen.

Die Verhandlungen über das allererste UN-Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt auf Hoher See wurden infolge der Corona-Pandemie verschoben. Doch wir können uns das Scheitern eines solchen Vertrages nicht leisten – Zu viel steht auf dem Spiel; unsere Zukunft hängt davon ab.

Warum jetzt?

Das unglaublich komplexe Geflecht des Lebens in unseren Ozeanen wird durch vier zentralen Faktoren bedroht: Überfischung, Klimakrise, industrielle Umweltverschmutzung und Plastikmüll, der inzwischen in allen Teilen der Ozeane nachgewiesen werden kann. Nach Jahrhunderten der Ausbeutung unserer Meere wird die unglaubliche Widerstandsfähigkeit der marinen Ökosysteme immer mehr geschwächt.

Eine zunehmende Zahl an Wissenschaftler*innen ist der Ansicht, dass wir nur noch etwa zehn Jahre Zeit haben, um die menschlichen Auswirkungen auf die Ozeane auf ein nachhaltiges Niveau zu senken und damit ein katastrophales Massenaussterben zu verhindern. Da es sehr viel Zeit bedarf, bis internationale Abkommen in Kraft treten, müssen wir jetzt gemeinsame Einigungen erreichen.

Wie wir die Hohe See und die darin enthaltenen Ökosysteme bewirtschaften ist auch eine Frage globaler Gerechtigkeit. Weltweit ist die Fischereiindustrie größtenteils ausgelastet oder bricht zusammen. Eine Handvoll reicher Nationen sichert sich nach wie vor den Löwenanteil der Fänge. Was ein "globales Gemeingut" sein sollte, von dem die gesamte Menschheit profitiert, ist gefährdet, um unverhältnismäßige Vorteile für eine kleine Minderheit zu sichern. Wenn wir nicht rasch handeln, laufen wir Gefahr, Kettenreaktionen auszulösen und schließlich unkontrollierbare Verluste zu erfahren, welche die Ökosysteme und unseren Planeten irreversibel verändern werden.

Was ist zu tun?

Um unsere Ozeane, ihre faszinierende Artenvielfalt und uns selbst zu schützen, brauchen wir ein globales Abkommen, damit bis zum Jahr 2030 mindestens 30% der Ozeane geschützt sind. Dies würde es ermöglichen, dass sich Arten erholen und uns weiterhin eine sichere und stabile Quelle für Sauerstoff, Nahrung, Lebensgrundlagen und Arbeitsplätze liefern.

Ein solches Abkommen bedeutet nicht, dass es keine Fischerei mehr geben kann. Die wichtigsten Fischereizonen sind von den vorgeschlagenen Meeresschutzgebieten ausgeschlossen. Doch wenn wir die weltweite Überfischung nicht eindämmen und an der Rettung unseres Klimas scheitern, wird auch die globale Fischerei haltlos zusammenbrechen. Weniger wohlhabende Nationen, welche insgesamt am wenigsten zur Zerstörung unserer Umwelt beitragen, werden schließlich am meisten unter den Folgen leiden.

Darüber hinaus wird der Schutz der Ozeane auch dazu führen, dass uns mehr Fisch und Meeresfrüchte zur Verfügung stehen: Daten belegen, dass in der Nähe von Meeresschutzgebieten größere Fangmengen erzielt werden können. Selbst wenn die Fischerei auf Hoher See vollständig verboten wäre, würde sich dies rechnerisch nicht auf die Gesamtmenge der globalen Fänge auswirken. Fischpopulationen könnten sich auf hoher See ungestört erholen, während die Fischerei in Küstennähe direkt davon profitieren könnte. Tatsächlich würde sich dadurch auch die Einkommensungleichheit zwischen Küstennationen halbieren.

Ein umfassendes Abkommen zum Schutz der Tier- und Pflanzenwelt der Hohen See ermöglicht es uns, die Ozeane zu schützen, die darin lebenden Arten zu erhalten und eine gerechte, nachhaltige Welt für uns alle zu schaffen. Wir dürfen diese Chance nicht verpassen. Es könnte die letzte sein, die wir haben.