Spenden
Tiefseebergbau stoppen, ungeahnte Verluste für Mensch und Umwelt verhindern
Juni 11, 2020

Tiefseebergbau stoppen, ungeahnte Verluste für Mensch und Umwelt verhindern

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

Zerstören wir die Tiefsee, könnten wir potenziell einzigartige Welten unter der Wasseroberfläche für immer verlieren – eine Gefahr für unsere Erde, unser Klima und unsere eigene Gesundheit.

Der Ozean absorbiert 90% der Wärme, die wir durch den Ausstoß von Kohlenstoffemissionen erzeugen. Seine Ökosysteme sind für den Kampf gegen die Klimakrise von entscheidender Bedeutung. Zudem entdeckten Forscher*innen Enzyme in hydrothermalen Quellen, welche es uns ermöglicht haben, Testkits für Covid-19 herzustellen. Ohne diese Entdeckung wäre das unmöglich gewesen. Doch nach wie vor wissen wir sehr wenig über die Tiefsee.

Vieles noch unerforscht

Bislang sind weniger als 0,05 % des Meeresbodens genau kartiert. Hydrothermalen Quellen auf dem Grund der Tiefsee wurden erst im Jahr 1977 entdeckt. Zwar liegen Karten von einigen Teilen des Meeresgrundes vor, doch sie sind bei weitem nicht detailliert genug, um sämtliche dieser überlebenswichtigen Quellen – auch Schlote genannt – zu erfassen.

Hydrothermale Tiefseequellen bieten vielen Lebewesen ein Zuhause, die sich an ihre extreme Umgebung angepasst haben und nirgendwo sonst zu finden sind – von der Yeti-Krabbe bis hin zur Schuppenfußschnecke, die eisenhaltige Schuppen besitzt, um in der Tiefe zu überleben. Dieses einzigartige Tier wurde erst 2015 entdeckt. Doch Tiefseebergbau hat dazu geführt, dass es bereits heute vom Aussterben bedroht ist.

Neue Bedrohung in der Tiefe

Neben der Tier- und Pflanzenwelt sind Teile des Meeresbodens reich an Vorkommen von Kupfer, Nickel und anderen wertvollen Erzen. Der Tiefseebergbau ist dementsprechend auf dem besten Weg, sich zu einer riesigen globalen Industrie zu entwickeln.

Die Methode, die aktuell eingeführt wird, funktioniert wie folgt: Felsen und Quellen werden von Maschinen unter Wasser zerkleinert. Die Bruchstücke werden anschließend an die Oberfläche gefördert, um dort sortiert zu werden. Das kann man sich in etwa so vorstellen, als würde man mit einer gigantischen Holzhackmaschine in einen Wald fahren, alles was im Weg steht abholzen und zerkleinern und es am Ende hinter sich ausspucken.

Im Gegensatz zu den Behauptungen von Bergbauunternehmen stehen unersetzliche Ökosysteme in direkter Schusslinie dieser zerstörerischen Praxis. Ein Gebiet, das derzeit für den Abbau anvisiert wird, hat „eine der vielfältigsten Ökosysteme [...] der Tiefsee“, in dem die Hälfte der entdeckten Arten 2016 noch neu für die Wissenschaft waren.

In Japan ist die Praxis bereits in vollem Gange. Bislang wird angenommen, dass vor allem Schächte abgebaut werden, von denen man glaubt, sie seien inaktiv. Doch selbst dann wissen wir noch nicht, welche Auswirkungen dieses Eingreifen auf die Ökosysteme des Meeresbodens haben könnte.

Während die direkten Auswirkungen auf hydrothermale Quellen bereits verheerend sind, wird Tiefseebergbau auch immense Veränderungen der Sedimente, Vibration und Verschmutzung in weitaus größerem Ausmaß verursachen. Dies ist besonders besorgniserregend, da man davon ausgeht, dass Unterwasserlärm ernsthafte Auswirkungen auf marine Lebewesen – einschließlich auf Wale und andere Meeressäuger – hat.

Selbst wenn wir die Tatsache außer Acht lassen, dass wir Arten nicht vernichten sollten, weil sie ein Recht auf unseren gemeinsamen Planeten haben, sind wir auf diese Tiere angewiesen, um den Klimawandel einzudämmen. Wenn wir mit dem Tiefseebergbau nach den derzeitigen Plänen fortfahren, richten wir Verwüstungen an, die wir noch nicht vorhersehen können.

Nicht nur Meeresfauna bedroht

Ein Tiefseebergbau-Projekt in Papua-Neuguinea, bekannt als „Solwara 1“, scheiterte im vergangenen Jahr, nachdem es auf heftige Kritik von lokalen indigenen Gemeinschaften gestoßen war. Es bedrohte die Haifisch-Fischerei, welche überaus wichtig für die Ernährungssicherheit der indigenen Bevölkerung ist. In spiritueller Hinsicht gefährdete das Projekt auch die Kultur der indigenen Völker dieses Gebietes, denn diese stützt sich auf die enge Verbindung zwischen den Menschen und dem Leben am Meeresgrund.

„Ich bin mit den Tiefen des Ozeans verbunden, mit seinen Masalai [Geistern], seinen Fischen und seinen Vulkanen. Wie zeige ich das diesem Unternehmen? Sie denken, dass das Projekt keine Auswirkungen [...] auf die Menschen haben wird, doch das tut es! Wie zeigen wir ihnen, dass sie, wenn sie den Meeresboden zerstören auch unsere Kultur zerstören?"
– Indigener Vertreter in einer Diskussion mit Wissenschaftler*innen

Was jetzt passieren muss

Unser Verhältnis zur Natur und unser Verbrauch an Edelmetallen muss sich dringend ändern, denn er ist keinesfalls als nachhaltig zu bezeichnen. Selbst wenn wir dem gesamten Meeresboden sämtliche Ressourcen entnommen haben, würde uns das lediglich Zeit verschaffen, bevor wir unser Verhalten ändern müssten.

Es gibt keine Rechtfertigung für die Zerstörung, die der Tiefseebergbau mit sich bringt – ganz zu schweigen davon, was passieren wird, wenn er weltweit weiter voranschreitet. Der Mensch hat in den Meeren und an Land bereits wertvolles und unersetzbares Leben ausgelöscht – in vielen Fällen mit potenziell großem Wert für uns selbst. Wir dürfen unsere Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen.

Das Bild wird mit freundlicher Genehmigung der NOAA unter einer Creative-Commons-Lizenz zur Verfügung gestellt.