Wichtige EU-Fischereigremien fordern Moratorium für Tiefseebergbau, während Norwegen erste Lizenzvergaben vorbereitet
Die Environmental Justice Foundation (EJF) und die Deep Sea Conservation Coalition (DSCC) begrüßen die Position des Long Distance Advisory Council (LDAC) und drei weiterer Fischereibeiräte für ein Moratorium für Tiefseebergbau. Die vier Gremien lehnen die Empfehlung der Europäischen Kommission im Draghi-Bericht zum Vorantreiben von Tiefseebergbau ab, da die langfristigen Risiken für marine Ökosysteme, einschließlich der Fischerei, nicht ausreichend bekannt sind.
In einer an die EU-Entscheidungsträger*innen gerichteten Erklärung bekräftigte der LDAC seine „erheblichen Bedenken hinsichtlich der ökologischen und sozioökonomischen Risiken, die mit Tiefseebergbau verbunden sind“, und erinnerte daran, dass das Vorsorgeprinzip die EU-Entscheidungsträger*innen dazu verpflichte, sich weiterhin entschieden gegen voreilige Schritte in Richtung Tiefseebergbau auszusprechen.
Dies geschieht zu einem Zeitpunkt, an dem Norwegen, das einzige europäische Land, das Teile seines Meeresbodens für Tiefseebergbau freigegeben hat, plant, bereits in der ersten Hälfte des Jahres 2025 Abbaulizenzen zu vergeben. Dieser Schritt erfolgt trotz der Einwände der norwegischen Umweltbehörde, der norwegischen Fischereiindustrie, wissenschaftlicher Expert*innen, NGOs sowie der Europäischen Kommission und des Europäischen Parlaments. Zudem hat ein kanadisches Unternehmen angekündigt, in den kommenden Monaten bei der Internationalen Meeresbodenbehörde (ISA) einen Antrag auf eine Tiefseebergbaulizenz in internationalen Gewässern des Nordpazifiks zu stellen.
Studien weisen auf erhebliche Risiken von Tiefseebergbau hin, darunter Sedimentaufwirbelungen, Lärm und die Freisetzung von Schadstoffen, die Fischopulationen und damit die Lebensgrundlage vieler Küstengemeinden gefährden könnten. Laut der Fischereigremien ist eine gesunde Fischerei für die Ernährungssicherheit und die wirtschaftliche Stabilität von entscheidender Bedeutung.
Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation sagte: „Unser Ozean sollte mehr geschützt als ausgebeutet werden. Die klare Haltung des LDAC ist ein wichtiges Signal, das Norwegen und andere Länder ernst nehmen sollten. Wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen deutlich, dass Tiefseebergbau gestoppt werden muss, um irreversible Schäden an wertvollen Ökosystemen zu verhindern, die über Jahrhunderte gewachsen sind. Die echten Chancen liegen in der Kreislaufwirtschaft, in neuen Batterietechnologien und im Recycling wichtiger Rohstoffe. Die Natur ist bereits genug belastet; wir dürfen den letzten unberührten Lebensraum der Erde nicht zerstören.“
Matt Gianni, Mitbegründer und politischer Analyst der Deep Sea Conservation Coalition sagte: „Weltweit erkennen Fischer*innen und Fischereiverbände zunehmend, dass Tiefseebergbau eine Bedrohung für die Fischerei und das Meer darstellt. Angesichts der Versuche von Tiefseebergbauunternehmen und Ländern, die Entwicklung dieser Industrie zu beschleunigen, ist es für die Fischer von entscheidender Bedeutung, deutlich zu machen, dass die Risiken des Tiefseebergbaus für die Fischerei real sind und dass die Internationale Meeresbodenbehörde dieser Industrie kein grünes Licht geben darf.“
Erklärung der Fischereigremien und Draghi-Bericht
In Übereinstimmung mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament unterstützt der LDAC zusammen mit dem North Western Waters Advisory Council, dem Pelagic Advisory Council und dem South Western Waters Advisory Council die Aussetzung von Initiativen zum Tiefseebergbau, bis kritische Wissenslücken geschlossen sind.
Da sich Länder, Finanzinstitutionen und führende Unternehmen zunehmend gegen Tiefseebergbau aussprechen, haben auch Fischereiorganisationen, darunter der norwegische Verband der Fischereischiffseigner (Fiskebåt) und der norwegische Fischerverband, Pläne zur Erschließung von Gebieten für den Tiefseebergbau kritisiert, ebenso wie Fischereigruppen in Afrika sowie in Asien und im Pazifik, wie das LMMA Network und CAOPA. Diese Organisationen haben auf die Risiken für den Meeressektor, insbesondere für die Fischerei, hingewiesen und ein Moratorium für den Tiefseebergbau gefordert, bis ein besseres Verständnis der langfristigen Folgen vorliegt.
Im September warnte eine Koalition von 16 Nichtregierungsorganisationen die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, vor Hinweisen im Draghi-Bericht, die Tiefseebergbau befürworten. Ein Vertreter reagierte in ihrem Namen und bekräftigte ihr Engagement für den Schutz der Meere, indem er sich weiterhin für ein Verbot von Tiefseebergbau einsetzte.
Die Position des LDAC zum Moratorium steht im Einklang mit einer wachsenden Zahl von Interessengruppen, die sich gegen Tiefseebergbau aussprechen. Jüngste Erklärungen von mehr als 800 Meereswissenschaftler*innen und -organisationen bestätigen, dass unser Verständnis der Ökosysteme der Tiefsee nach wie vor begrenzt ist und dass anhaltende Wissenslücken eine fundierte Bewertung der ökologischen und ökologischen Auswirkungen von Tiefseebergbau verhindern.
Tiefseebergbau in Norwegen
In Norwegen entwickelt sich Tiefseebergbau zu einem Streitthema zwischen den politischen Parteien und Behörden. Während die Regierung plant, Lizenzen bereits im Frühjahr 2025 zu vergeben, haben Norwegens eigene Regierungsstellen heftige Kritik geäußert und erklärt, dass die strategische Folgenabschätzung der Regierung weder den nationalen noch den internationalen rechtlichen Anforderungen entspricht und dass die Risiken durch radioaktive Abfälle und Partikel nicht ordnungsgemäß bewertet wurden. Darüber hinaus erheben auch nationale indigene Gemeinschaften ihre Stimme gegen Tiefseebergbau.
- Ansprechpartner: Martin Webeler, Ocean Campaigner & Researcher, martin.webeler@ejfoundation.org
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