Für Klima und Meere: EU-Kommission muss Blue Carbon-Ökosysteme strenger schützen
Die Europäische Kommission hat ihren Entwurf für ein neues Gesetz zur Wiederherstellung der Natur vorgelegt. Er enthält verbindliche Ziele für die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme in der gesamten EU. Eine Verpflichtung zur Wiederherstellung von Meereslebensräumen, die als Kohlenstoffspeicher dienen, kommt darin ebenfalls vor. Sie stützt sich auf die besten verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse. Das ist ein guter Anfang, reicht allerdings nicht aus, um blaue Kohlenstoff-Ökosysteme ausreichend zu schützen.
Die EU-Mitgliedstaaten und das Europäische Parlament, in dem der Vorschlag nun diskutiert wird, müssen einen ehrgeizigeren Gesetzentwurf vorlegen. Dieser muss insbesondere verbindliche Ziele für den Schutz von 30 % aller Meeresökosysteme in der EU bis 2030 enthalten. Darüber hinaus müssen Schutzmaßnahmen über die bloße Wiederherstellung bestimmter geschädigter Ökosysteme hinausgehen. Außerdem sollten die Umweltauswirkungen der Fischerei auf diese Ökosysteme stärker bekämpft werden, insbesondere die der Grundschleppnetzfischerei. Diese äußerst zerstörerische Form der Fischerei ist derzeit in vielen Meeresschutzgebieten der EU erlaubt, obwohl sie große Mengen an Kohlenstoff freisetzt, der im Meeresgrund gebunden wird.
Das Europäische Parlament hat im Mai einen Beschluss angenommen, mit dem die EU aufgefordert wird, wissenschaftliche Forschungsprogramme zur Kartierung kohlenstoffreicher mariner Lebensräume in EU-Gewässern einzuleiten und zu finanzieren. Die identifizierten Ökosysteme sollen unter strengen Schutz gestellt werden, auch vor der Grundschleppnetzfischerei. Für diese wissenschaftliche Forschung sollten ausreichende Mittel zur Verfügung gestellt werden. Nur so lässt sich sicherstellen, dass die Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen im Rahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur nachkommen und dazu beitragen, die entsprechenden Ziele rechtzeitig zu erreichen.
EU muss Schlupflöcher schließen
Der aktuelle Gesetzesentwurf lässt außerdem zu, dass Lebensräume geschädigt werden können, wenn dies durch „unvermeidbare“ Klimaveränderungen verursacht wird. In diesem Fall werden die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten zur Wiederherstellung und zum Schutz dieser Gebiete aufgehoben. Eine solche nachlässige Formulierung birgt enorme Gefahr: Mitgliedstaaten sollten zumindest in Form von Verpflichtungen und Maßnahmen nachweisen müssen, dass sie das 1,5-Grad-Klimaziel des Pariser Abkommens einhalten, bevor sie von ihren Pflichten im Rahmen des Gesetzes zur Wiederherstellung der Natur entbunden werden.
„Es ist begrüßenswert, dass die Europäische Kommission plant, verbindliche Ziele für die Wiederherstellung der Natur an Land und in den Meeren der EU einzuführen, einschließlich eines Ziels zur Wiederherstellung von 30 % der Meeresökosysteme“, so Steve Trent, Geschäftsführer und Gründer der Environmental Justice Foundation. „Der Gesetzesentwurf geht jedoch nicht weit genug. Außerdem gibt es Schlupflöcher, die Mitgliedstaaten nutzen könnten, um ihren Verpflichtungen zur Wiederherstellung von Gebieten, die von Klimaveränderungen betroffen sind, nicht nachkommen zu müssen.“
Meeresschutz ist auch Klimaschutz
Der Schutz unseres Ozeans ist entscheidend im Kampf gegen die Klimakrise, für den Schutz und die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt, den Aufbau einer wirklich nachhaltigen Wirtschaft und die Sicherung von Lebensgrundlagen und Menschenrechten von Hunderten von Millionen Menschen.
Die wissenschaftlichen Befunde, die uns vorliegen, senden eine eindeutige Botschaft: Bis 2030 müssen wir mindestens 30 % unserer Meere schützen. Dafür braucht es strenge, gesetzlich vorgeschriebene und vollständig durchgesetzte Meeresschutzgebiete in EU-Gewässern. Mitgliedstaaten müssen verpflichtet werden, Meeres- und Küstenökosysteme, die besonders viel Kohlenstoff speichern, zu kartieren, zu schützen und wiederherzustellen. Diese Verpflichtung ist ein grundlegender Bestandteil internationaler Naturschutzgesetze und entscheidend, um die verheerenden Folgen der Erderwärmung einzudämmen. Ohne ausreichend klare und verbindliche Verpflichtungen wie diese im Kommissionsvorschlag besteht die Gefahr, dass Schutzvorhaben ihr Ziel verfehlen.
Ohne umfassende Verpflichtungen werden „extraktive industrielle“ Aktivitäten wie die Grundschleppnetzfischerei dazu führen, dass der im Meeresboden gespeicherte Kohlenstoff wieder freigesetzt wird. In Europa sind 79 % des Meeresbodens in Küstenregionen in einem schlechten Zustand – hauptsächlicher Grund dafür ist Fischerei mit Grundschleppnetzen. Sie zerstört die Ökosysteme der Meere und heizt so die Klimakrise weiter an.
Wenn die EU es ernst meint mit ihren Bemühungen, die Natur wiederherzustellen, die Tier- und Pflanzenwelt zu schützen und die Rechte von Millionen von Menschen, die weltweit unter der Klimakrise leiden, zu sichern, gibt es eine einfache Lösung: Sie muss strengere Gesetze für den Schutz unseres Ozeans verabschieden und umgehend dafür sorgen, dass sie auch umgesetzt werden.
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