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Woman holding fish

Frauen sind die stärkste Säule

An den Stränden Liberias drängen sich die Fischerkanus im flachen Wasser: die leuchtenden Farben und die flatternden Flaggen zeigen den Stolz der Fischer auf ihre Arbeit. Doch obwohl es Männer sind, die die Netze einholen, ist die Fischerei eine Industrie, die von Frauen getragen wird.

Den Handel von Fisch in Liberia übernehmen fast ausschließlich Frauen – sie machen mehr als die Hälfte der Beschäftigten in der Fischerei aus. Nachdem sie mit den Fischern um den besten Preis gefeilscht haben, verarbeiten sie den Fisch, salzen oder räuchern ihn und verkaufen ihn auf den belebten Marktplätzen.

Doch nicht nur bei der Anlandung des Fischs stehen Frauen im Mittelpunkt des Geschehens: Fischhändlerinnen kaufen oft Fischereigeräte oder Kanus für die Fischer und investieren viel, um eine gute Versorgung mit Fisch und Meeresfrüchten für ihr eigenes Unternehmen zu gewährleisten.

Frauen haben auch wichtige Ämter inne: Theresa Bayon ist die Generalsekretärin der Liberia Artisanal Fisheries Association. Sie vertritt die lokalen Kanu- und Fischhändler.

In der Industrie, vor allem im handwerklichen Sektor, arbeiten ca. 33.000 Fischer. Die Mehrheit davon, etwa 20.000, sind Frauen. In Liberia sind Frauen die stärkste Säule, wir leiten den Fischereisektor.

Theresa Bayon, Generalsekretärin des Fischereiverbandes von Liberia

Theresa war Fischhändlerin, bevor sie ihre Rolle übernahm. Mit dem Geld, das sie auf den Fischmärkten verdiente, bezahlte sie ihre Universitätsgebühren – bis heute übt sie diesen Beruf aus. Doch sie macht sich Sorgen um die Zukunft.

"Nachts kommen immer noch Trawler. Unsere Fischer erzählen, dass es aussieht, wie eine große Stadt, wenn man nachts auf das Wasser schaut und die Schiffe kommen."

"Wir wollen überhaupt keine Trawler in unseren Gewässern haben. Ich meine, was ich sage. Ich bin die Generalsekretärin des Verbandes für handwerkliche Fischerei – wir werden es nicht akzeptieren, dass Trawler kommen, unsere Gewässer verderben und uns unsere Ressourcen wegnehmen."

Theresas Gefühle werden von einer noch mächtigeren Frau im liberianischen Fischereisektor, Emma Metieh-Glassco, Generaldirektorin der Nationalen Behörde für Fischerei und Aquakultur (NaFAA), geteilt. Sie ist dafür verantwortlich, dass Trawler in der den Kanufischern vorbehaltenen Sperrzone nicht illegal fischen.

"Überfischung beeinträchtigt die Lebensgrundlagen der Küstengemeinden. Denn wenn sie fischen gehen, fangen sie keinen Fisch mehr. Wie sollen sie ihre Familien ernähren? Wie sollen sie Geld verdienen? Das hat enorme soziale und wirtschaftliche Auswirkungen", so Metieh-Glassco.

80% unserer Bevölkerung sind von Fisch und Meeresfrüchten abhängig. Wenn es auf dem lokalen Markt keinen Fisch gibt, leidet die Bevölkerung an Unterernährung.

Emma Metieh-Glassco, Generaldirektorin der Nationalen Behörde für Fischerei und Aquakultur (NaFAA)

Obwohl sie die größten negativen Folgen verursachen, beschränkt sich der illegale Fischfang nicht nur auf die industriellen Trawler. Einige Kanu-Fischer verwenden illegale Praktiken wie Dynamit- oder Chemikalienfischerei: werden giftige Chemikalien wie das Insektizid DDT über Bord geschüttet, ist das für Fischhändler*innen ein ernsthaftes Problem – nicht nur aufgrund der gesundheitlichen Bedenken, sondern auch, weil dieser Fisch unverkäuflich ist.

Um die liberianische Fischerei vor illegalem Fischfang zu schützen, bedarf es klarer Maßnahmen für ein gutes Fischerei-Management. Das bedeutet vor allem, dass die Stimmen aller Menschen gleichermaßen gehört werden müssen – auch die der Fischhändlerinnen.

"Es ist eine große Herausforderung, als Frau im Fischereisektor zu arbeiten", so Emma Metieh-Glassco. "Ich will als Generaldirektorin der NaFAA die Sichtbarkeit von Fischhändler*innen erhöhen – das sind Frauen, die im Fischereisektor arbeiten und die am Rande der Gesellschaft stehen. Ich werde mich dafür einsetzen, dass sie in Kooperativen organisiert sind, damit sie sichtbar und in einer organisierten Struktur eingebettet sind. [...] Wir können zusammenarbeiten, damit sie eine starke Stimme und eine gleichberechtigte Rolle im Management von Fischereiressourcen haben."

Ein wichtiger Pfeiler dieser Entwicklungen sind die so genannten Collaborative Management Associations (CMA). Sie geben den Fischergemeinden mehr Mitbestimmung bzw. -kontrolle über die territorialen Nutzungsrechte sowie einen größeren Einfluss bei bestimmten Themen, wie z.B. Anlandegebieten bis hin zu erlaubten Fangmengen. Die erste dieser Vereinigungen wurde von der Environmental Justice Foundation (EJF) in Robertsport gegründet – sie führte zu einer Verringerung des illegalen Fischfangs und zu einer Erhöhung der Fangmengen.

Miatta Paasewe ist die Schatzmeisterin der CMA in Robertsport: "Ich bin stolz darauf, neben acht Männern die einzige Frau zu sein. Sie hören mir immer zu, wenn ich zu einem Treffen gehe – und sie bitten mich, meinen eigenen Standpunkt darzulegen." Zusammen mit Theresa und anderen Fischhändlerinnen bringt Miatta Themen auf den Tisch, die sonst vernachlässigt werden.

Wenn wir zu einem Treffen gehen, bin ich die einzige weibliche Vertreterin unter neun Führungskräften – das macht mich sehr stolz.

Miatta Paasewe, Schatzmeisterin der CMA in Robertsport

Die Belastung durch Rauch bei der Verarbeitung von Fisch ist ein besonders wichtiges Anliegen der Frauen, die in der Fischereiindustrie arbeiten.

Rita Bellue ist seit sechs Jahren Fischhändlerin in Robertsport: "Ich denke, die CMA kann uns dabei helfen, ärztlich behandelt zu werden. Man könnte die Augen gereinigt bekommen, denn wir trocknen ständig Fisch. Und bestimmte Medikamente könnten zur Reinigung der Augen beitragen, damit man wieder klarsehen kann. Die CMA sollte in der Lage sein, uns dabei zu helfen."

"Ich zeige Ihnen die Fischereigemeinde, damit Sie sich selbst ein Bild davon machen können, was dort passiert", sagt Theresa Bayon. "Hier sehen Sie ein kleines Baby auf dem Rücken der Mutter – sie beide inhalieren den Rauch, die Mutter und das Kind. Am Ende des Tages werden sie krank und wenn man kein Geld hat, um für sich selbst zu sorgen, kann man daran sterben."

Ich sorge mich vor allem um mein Augenlicht. Denn der Rauch verursacht Infektionen in den Augen.

Rita Bellue, Fischhändlerin in Robertsport

Die Frauen in der Fischereiindustrie von Liberia fischen nicht auf dem Meer und stehen damit auch nicht den großen industriellen Trawlern gegenüber. Sie sind nicht diejenigen, die Netze einholen und die immer weniger Fisch mit nach Hause bringen. Doch sie kennen die Probleme der Fischereiindustrie Liberias und sind von ihnen gleichermaßen betroffen.

Diese Frauen spielen eine entscheidende Rolle im Kampf gegen illegale Fischerei. Denn nur wenn die Stimmen aller gehört werden, kann Liberia wieder zu der stolzen Fischernation werden, die es einst war – mit gesunden Meeren, die nur so von Fisch wimmeln.

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