Illegale Fischereiprodukte aus Westafrika bahnen sich Weg in die EU
EU-Verbraucher*innen unterstützen unbeabsichtigt illegale Praktiken und Überfischung in den Gewässern Ghanas. So lautet das Fazit eines neuen EJF-Berichts. Industrielle Trawler, die nach Europa exportieren dürfen, wurden mit illegalen ausländischen Eigentümerstrukturen sowie mit dem illegalen "Saiko"-Handel in Verbindung gebracht. Gleichzeitig werden sie beschuldigt, verbotene Netze verwendet und in Sperrzonen gefischt zu haben.
2013 sprach die Europäische Kommission Ghana mit der Vergabe einer "gelben Karte" eine formelle Warnung aus, welche zu Importverboten in die EU führen kann. Sie wurde 2015 aufgrund einer neuen Gesetzgebung und eines klaren Management-Plans für die Fischerei aufgehoben. Doch derzeit existieren Anzeichen dafür, dass entsprechende Maßnahmen nicht vollständig um- bzw. durchgesetzt werden.
Schleppnetz-Flotte gibt Anlass zur Sorge
Während Thunfisch den Großteil der Exporte von Ghana in die EU bildet, überführt Ghanas industrielle Schleppnetz-Flotte jährlich zwischen 2.000 und 3.500 Tonnen Tintenfisch, Kraken und Kalmare nach Europa – vor allem nach Portugal, Italien und Spanien. Der Wert der Ware beläuft sich auf ca. 10 Millionen Euro. Genau diese besagte Flotte gibt Anlass zur Sorge.
Mithilfe von Daten aus Satellitenüberwachungen und Beobachtungen auf See sowie der Zusammenführung von Daten anderer Organisationen konnte EJF mehrere Fälle belegen, in denen Trawler, die für den Export in die EU zugelassen sind, an illegalen Aktivitäten beteiligt waren.
Verwicklung in "Saiko"-Handel
Insbesondere die Verwicklung in den illegalen "Saiko"-Handel ist äußerst besorgniserregend. "Saiko" treibt den Zusammenbruch kleiner pelagischer Fischpopulationen in Ghana voran und bedroht die Existenzgrundlage von 2,7 Millionen Ghanaern. Industrielle Trawler fangen gezielt den Fisch, der lokalen Kanufischern vorbehalten ist, und laden ihn auf See in speziell angepasste Boote um. Anschließend wird er auf lokalen Märkten an die Bevölkerung verkauft.
EJFs neuer Bericht deckt ebenfalls mögliche Verstöße gegen das EU-Gesundheitsrecht auf: So werden Produkte offenbar über China umgeleitet und anschließend unter Angabe chinesischen – nicht ghanaischen – Ursprungs in die EU importiert.
Obwohl es gegen ghanaisches Recht verstößt, sind etwa 90% der industriellen Schleppnetz-Flotte Ghanas durch chinesische Eigentümerstrukturen geprägt. Schiffsbetreiber nutzen undurchsichtige Unternehmensstrukturen und "Scheinfirmen", um Fischerei-Lizenzen zu erhalten. So fand EJF u.a. heraus, dass zwei der für den Export in die EU zugelassenen Trawler bei einem ghanaischen Unternehmen registriert sind, das von einem chinesischen Konzern gegründet wurde.
EU muss handeln
EJF fordert die EU auf, alle im Rahmen ihrer Verordnung verfügbaren Instrumente zur Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten (IUU-)Fischerei zu nutzen, um Ghana zu helfen, "Saiko" zu beenden und die Transparenz innerhalb des Fischereisektors zu verbessern.
Alle EU-Mitgliedsstaaten – vor allem Portugal, Italien und Spanien, die den Großteil der Importe von Ghanas Schleppnetz-Flotte beziehen – sowie die großen Thunfisch-Importeure Frankreich, Deutschland, die Niederlande und Großbritannien sollten Importe von Fisch und Meeresfrüchten aus Ghana genau unter die Lupe nehmen und auf mögliche Handelsumlenkungen achten. Gleichzeitig sind Verarbeiter und Einzelhändler aufgefordert, ihre Lieferketten mit Ursprungsort in Ghana – insbesondere solche, die mit der ghanaischen Schleppnetz-Flotte in Verbindung stehen – zu überprüfen.
Saiko führt sowohl zu einer ökologischen als auch zu einer menschlichen Krise in Ghana: Fischbestände stehen am Rande des Zusammenbruchs; Existenzen und Ernährungssicherheit sind bedroht. Die Tatsache, dass EU-Verbraucher*innen diese Situation unbeabsichtigt unterstützen könnten, ist eine beunruhigende Nachricht. Die Europäische Kommission kann viel tun, um Ghana zu helfen, diese illegalen Praktiken ein für alle Mal zu beenden.
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