Handlungsauftrag: sozial gerechter Klimaschutz
Die Extremwetter in diesem Sommer sind ein direkter Handlungsauftrag an die Politik – aber auch an uns alle, meint Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführende Vorständin der Klima-Allianz Deutschland. Mit der nötigen sozial-ökologischen Transformation geht es noch zu langsam voran. Woran hakt es und wie schaffen wir die Wende?
Waldbrände in Kanada sorgen für Rekordemissionen, die das ferne New York in giftigen Rauch hüllen. Auf Hawaii sterben mehr als hundert Menschen in den Flammen, auf der griechischen Urlaubsinsel Rhodos werden ganze Dörfer evakuiert. Überschwemmungen in Norditalien und Slowenien erinnern schmerzhaft an die Flutkatastrophe im Ahrtal. Der Juli war der weltweit heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen, in Pakistan und Indien wurden Rekordtemperaturen von bis zu 50 Grad gemessen.
Die Nachrichten der vergangenen Monate lesen sich wie ein Protokoll der Apokalypse. Die Häufung und Intensität der Extreme zeigt: Die Klimakrise ist kein abstraktes Szenario mehr, sondern längst Realität. Nie war deutlicher, dass wir dringend aus den fossilen Energien aussteigen müssen. Der nötige Aufbruch geht aber noch immer zu zögerlich voran. Wollen die Leute etwa keinen Klimaschutz?
Die kürzlich erschienene Umweltbewusstseinsstudie des Umweltbundesamtes zeigt: Und ob sie wollen! Die große Mehrheit der Befragten befürwortet Maßnahmen zum Klimaschutz und den klimafreundlichen Umbau der deutschen Wirtschaft. Die Studie zeigt auch, dass sich viele Bürger*innen sorgen, mehr Klimaschutz könnte ihre finanzielle Situation und die soziale Ungleichheit verschärfen. Das ist angesichts der explodierenden Heizkosten, der ohnehin hohen Mieten und der wachsenden Kluft zwischen Arm und Reich gut verständlich. Die Politik sollte dies als Handlungsauftrag verstehen, Klimaschutzmaßnahmen sozial gerecht auszugestalten.
Dr. Christiane Averbeck. Foto: Simone M. Neumann.
Die sozial-ökologische Wende findet nicht mehr nur in fernen Kohlekraftwerken statt, sondern bei uns allen zu Hause im Heizungskeller, am Küchentisch und in der Garage. Die Emissionen müssen dringend runter, insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Wir alle sind gefragt, nach unseren Möglichkeiten zu handeln und in unsere Zukunft zu investieren. Die Politik muss Lösungen für finanziell benachteiligte Menschen umsetzen, zum Beispiel mit einem Klimageld als Ausgleich für den steigenden CO2-Preis.
Was also tut unsere Bundesregierung?
Die FDP blockiert und torpediert Klimaschutzvorhaben, wo es nur geht. Die Grünen können sich nicht durchsetzen und die SPD tut, als ob sie das alles nichts anginge. Klimaschutz darf nicht im parteipolitischen Klein-Klein stecken bleiben, sondern muss mit der gleichen Verantwortung betrieben werden, wie wir es etwa bei der Coronakrise von allen demokratischen Parteien erwarten konnten. Ein aktuelles Beispiel ist die fehlgeleitete Debatte um das Gebäudeenergiegesetz.
Man erinnere sich an die Ausgangssituation: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hatte einen regelrechten Run auf Wärmepumpen ausgelöst. Eine unsägliche Desinformationskampagne der BILD-Zeitung und einen wochenlangen Koalitionsstreit über die Ausgestaltung des Gesetzes später brachen die Vorbestellungen für Wärmepumpen spürbar ein. Die fossile Lobby – und die Opposition aus Union und AfD – rieben sich nur so die Hände. Politik und Medien haben Verunsicherung geschürt, anstatt die Menschen für die dringend notwendige Modernisierung der Gebäude zu begeistern.
Das Beispiel zeigt: Viele Menschen sind bereit, auf klimafreundliche Technologien umzusteigen und dafür auch Kosten in Kauf zu nehmen. Es ist die Politik, die offenbar den Ernst der Lage nicht erkennt und Verantwortung vermissen lässt. Wir Bürger*innen sollten uns da nichts vormachen lassen. Politiker*innen sollten sich überlegen, auf welches Pferd sie setzen: Wollen sie zu denen gehören, die an der fossilen Vergangenheit festhalten oder wollen sie eine bessere Zukunft mitgestalten?
Eine Lehre aus dem Debakel ums Gebäudeenergiegesetz ist, dass die fossile Lobby nicht schläft – im Gegenteil. Die Schamlosigkeit, mit der dieses wichtige Gesetz niedergemacht und verwässert wurde, sucht ihresgleichen.
Aber wir schlafen auch nicht.
Die Klima-Allianz Deutschland vereint rund 150 Organisationen aus Bereichen wie Umwelt, Entwicklung, Kirchen, Kultur, Soziales und Gewerkschaften. Gemeinsam gehen wir mit der Politik ins Gespräch, bauen Brücken. Unsere Mitglieder haben kluge Vorschläge und erproben in mutmachenden Projekten, wie eine sozial gerechte Transformation in Richtung Klimaneutralität aussehen kann. Gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Fridays for Future rufen wir zum Klimastreik auf. Sie wollen eine Regierung, die sich ans Klimaschutzgesetz hält, anstatt es auszuhöhlen? Dann gehen Sie am 15. September mit uns auf die Straßen. Zeigen wir, was die Mehrheit will!
Dieser Meinungsbeitrag erschien ursprünglich auf der Website der Klima-Allianz Deutschland und wurde hier in Absprache erneut veröffentlicht.
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