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März 22, 2021

Meeresschutz gehört ins Zentrum der Klimapolitik

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

Mehr als 60 Organisationen und über 50 Wissenschaftler*innen, politische Vertreter*innen und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens fordern, den Schutz sowie die Wiederherstellung von Meeres- und Küstenökosystemen in die internationale Klimapolitik aufzunehmen.

Wir verdanken dem Ozean jeden zweiten Atemzug. Er absorbiert etwa ein Drittel des CO2, das wir ausstoßen, und hat in den letzten 150 Jahren jede Sekunde so viel Wärme aufgenommen wie bei einer Atombombenexplosion freigesetzt wird. Er stützt unser Klimasystem und sorgt dafür, dass unser Planet bewohnbar bleibt: Der Ozean ist das „blaue Herz“ unserer Erde.

Allerdings spielen marine Lebensräume kaum eine Rolle, wenn es um ihre Einbettung in die Klimapolitik geht. Ein gesunder Ozean, in dem es von Leben wimmelt, ist entscheidend im Kampf gegen die Erderwärmung. Über die Hälfte des biologisch gebundenen Kohlenstoffs wird von der Meeresfauna gespeichert. Dieser „blaue Kohlenstoff“ befindet sich in jedem Teil des Ökosystems: von den Küsten, wo Mangrovenwälder bis zu viermal mehr Kohlenstoff pro Hektar speichern als tropische Regenwälder, über Seegraswiesen, die fast 20 Gigatonnen Kohlenstoff weltweit speichern, bis hin zum offenen Meer, wo Wale jedes Jahr Millionen Tonnen Kohlenstoff binden.

Die diesjährige COP26-Klimakonferenz und die COP15-Biodiversitätskonferenz sind die wichtigsten Treffen seit Generationen. Sie werden die Weichen stellen für eine nachhaltige Zukunft – oder für Konflikte, Leid und Massenartensterben. Wir fordern Regierungen weltweit auf, die entscheidende Rolle des Ozeans und des blauen Kohlenstoffs im Kampf gegen die Klimakrise anzuerkennen.

Forderungen:

  1. Aufnahme spezifischer, rechtlich bindender Ziele zum Schutz und zur Wiederherstellung von Gebieten, in denen blauer Kohlenstoff vorkommt, in die nationalen Pläne für die Implementierung der Klimaschutzziele (Nationally Determined Contributions, NDCs);
  2. Verpflichtung zum 30x30 Ozeanschutzplan und Schutz von 30% des Ozeans in Form ökologisch repräsentativer Meeresschutzgebiete bis 2030;
  3. Vereinbarung eines internationalen Moratoriums für den Tiefseebergbau, um die Tiefsee vor irreversiblen, großflächigen Schäden zu schützen.

Blauer Kohlenstoff bietet eine große Chance: Weltweit enthalten die Speicher der Meere etwa 49-mal so viel Kohlenstoff wie sich aktuell in der Atmosphäre befindet. Es stellt ein entsprechend großes Risiko dar, wenn diese Speicher ungeschützt bleiben.

Der derzeitige jährliche Verlust von Seegras setzt schätzungsweise 299 Millionen Tonnen Kohlenstoff pro Jahr frei. Für Feuchtgebiete an den Küsten steigt diese Zahl auf 450 Millionen Tonnen. Die Wiederherstellung und der Schutz mariner Lebensräume als zentraler Bestandteil der Klimapolitik könnte eine Schlüsselrolle bei der Rettung unserer Erde und unserer eigenen Zukunft spielen. Diese Maßnahmen dürfen jedoch unter keinen Umständen als Ersatz für eine weitgehende, sektorenübergreifende und auf einem ganzheitlichen Ansatz basierende Dekarbonisierung dienen.

Wir müssen die Zerstörung von Küstenlebensräumen stoppen und ihren Schutz durch Maßnahmen wie ein Moratorium für den Tiefseebergbau sicherstellen. Gleichzeitig müssen wir einen Großteil der bereits verloren gegangenen Lebensräume wiederherstellen. Nicht nachhaltige Fischereipraktiken gefährden die Ökosystemdienstleistungen und -funktionen des Ozeans ebenfalls. Nahezu 90% der weltweiten Fischereien werden entweder vollständig oder übermäßig befischt. Die illegale, nicht gemeldete und unregulierte Fischerei macht geschätzt bis zu einem Drittel der weltweit gemeldeten Fänge aus. Bei diesem Tempo stehen wir vor dem Zusammenbruch mariner Ökosysteme auf der ganzen Welt, mit verheerenden Folgen für uns Menschen und für unser Klima.

Wir brauchen ein globales Netzwerk von ökologisch repräsentativen Meeresschutzgebieten, das bis spätestens 2030 mindestens 30% der Hochsee abdeckt, um unseren Ozean zu schützen und den Zusammenbruch des Klimas aufzuhalten. Diese Gebiete dürfen nicht nur auf dem Papier als solche ausgewiesen und weiter der Zerstörung preisgegeben werden. Sie müssen effektiv geschützt werden. Forscher*innen haben bereits einen entsprechenden Schutzplan erstellt: Durch die Analyse jedes der 25.000 Quadrate von 100x100 km, welche die Hohe See abdecken, haben sie die notwendigen 30% jedes marinen Lebensraums identifiziert, die am besten für den Schutz der Natur und des Klimas geeignet sind.

Der Schutz blauer Kohlenstoffvorräte ist nicht nur effektiver und kostengünstiger Klimaschutz, sondern bringt zahlreiche weitere Vorteile mit sich. Naturbasierte Lösungen wie die Wiederherstellung und der Schutz von marinen Lebensräumen werden uns helfen: (a) die globalen Ziele für die Reduzierung unserer Kohlendioxidemissionen zu erreichen; (b) die schlimmsten Auswirkungen der Erderwärmung zu verhindern; und (c) das Leben und die Lebensgrundlagen von rund drei Milliarden Menschen weltweit zu schützen, die von der biologischen Vielfalt der Meere abhängen.

Der Klimawandel ist das bestimmende Thema unserer Zeit. Wir fordern eine mutige Führung, die den Zusammenhang zwischen Klimakrise, Biodiversitätskrise und der Verletzung von Menschenrechten weltweit anerkennt und eine richtungsweisende, effektive Politik umsetzt, da diese Probleme nur gemeinsam zu lösen sind.

Unterzeichner*innen des offenen Briefs

Organisationen

AIDA | Aktionsgemeinschaft Artenschutz e.V. | AllForBlue | APIL Advocates for Public Interest Law | Azul | Blue Resources Trust | Blue Marine Foundation | Citizen of the Earth | ClientEarth | ClientEarth Deutschland e.V. | Coral Reef Alliance | Deutsche Meeresstiftung | Destructive Fishing Watch Foundation | Dynamic Planet | Earth Justice | Econusa Foundation | Environmental Jurists Association | Environmental Law Foundation | fairfish | FishAct e.V. | FishWise | Future of Fish | Galapagos Conservation Trust | Gallifrey Foundation | Gesellschaft zur Rettung der Delphine e.V. | Global Ocean Trust | Good Fish | Green Citizens' Action Alliance | Green Fins | Indonesia Ocean Justice Initiative | International Marine Mammal Project | International Pole and Line Foundation | Living Oceans | Madani Berkelanjutan Foundation | Manta Trust | M.E.E.R. e.V. | Menschen für Tierrechte e.V. | Mundus Maris | National Taiwan University Graduate Student Association | Netzwerk Klimaherbst e.V. | Ocean Outcomes | Ocean Summit | Oceanic Global | Pro Wildlife e.V. | Pusaka Foundation | Rechte der Natur | Rethink | Risk Society and Policy Research Center | Safe Seas Project Plan International | Sciaena | Sea Legacy | Sea Shepherd | Sea Shepherd Deutschland e.V. | SHARKPROJECT e.V. | Shark Stewards | StopFinning e.V. | Surfers Against Sewage | Taiwan Alliance for Advancement of Youth Rights and Welfare | Taiwan Environment and Planning Association | The Ocean Foundation | The Wildlife Trusts | Wildlife Conservation Society | Whale & Dolphin Conservation gGmbH | Women's Environmental Network | Yagasu | Zoological Society of London

Politische Vertreter*innen

Alviina Alametsä MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Basilio Araujo - Stellvertretender Minister für Meeres- und Energiesouveränität; Koordination des Ministeriums für Meeres- und Investitionsfragen Republik Indonesien

Clare Bailey MLA - Vorsitzende der Northern Ireland Green Party

Tudor Ciuhodaru MdEP - Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten

Edward Davey MP - Parteivorsitzender der Liberal Democrats und Abgeordneter für Kingston und Surbiton (UK)

Cyrus Engerer MdEP - Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten

Barry Gardiner MP - Abgeordneter der Labour Party für Brent Nord (UK)

Heidi Hautala MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Grace O'Sullivan MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Petros Kokkalis MdEP - Fraktion der Linken im Europäischen Parlament

Steffi Lemke MdB - Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag, Parlamentarische Geschäftsführerin, Sprecherin für Naturschutzpolitik

Ralph Lenkert MdB - Mitglied der Linkspartei im Deutschen Bundestag

Caroline Lucas MP - Abgeordnete der Grünen Partei für Brighton, Pavilion (UK)

Dace Melbarde MdEP - European Conservatives and Reformists Group

Karen Melchior MdEP - Renew Europe Group

Jeffrey William Rooker, Baron Rooker, PC - Labour Life Peer (UK)

Sylwia Spurek MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Robin Teverson, Baron Teverson - Liberal Democrat Life Peer (UK)

Nils Torvalds MdEP - Svenska folkpartiet, Finnland

Marie Toussaint MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Ernest Urtasun MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz (Vice Chair)

Ottmar von Holtz MdB - Mitglied von Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag

Sarah Wiener MdEP - Fraktion der Grünen / Freie Europäische Allianz

Michael Wiezik MdEP - Europäische Volkspartei im Europäischen Parlament

Tiemo Wölken MdEP - Fraktion der Progressiven Allianz der Sozialdemokraten

Frank Schwabe MdB - Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands im Deutschen Bundestag

洪申翰 (Sun-Han Hung) MP - Abgeordneter der Demokratischen Fortschrittspartei ohne Wahlkreis

蔡壁如 (Pi-Ru Tsai) MP - Abgeordneter der Taiwan People's Party ohne Wahlbezirk

邱顯智 (Hsien-Chih Chiu) MP - Abgeordnete der New Power Party ohne Wahlkreis

Wissenschaftler*innen

Dr. Thomas Appleby - Experte für Umwelt- und Meeresrecht

Prof. Chris Armstrong - Professor für politische Theorie

Dr. Melanie Bergmann - Meeresbiologin

Matt Bjerregaard Walsh - Berater der UN FAO Fish

Prof. Brendan Godley - Professor für Meeresschutz

Prof. Mark Everard - Professor für Ökosystemdienstleistungen

Ben Goldsmith - Financier und Umweltschützer

Dr. Florian Huber - Unterwasserachäologe und Gründer von Submaris

Prof. Pavel Kabat - Forschungsdirektor der World Meteorological Organization

Prof. Dr. Silja Klepp - Mitbegründerin von EnJust

Prof. Xavier Lambin - Professor für Zoologie

Dr. Richard Lilley - Geschäftsführer und Mitbegründer von Project Seagrass

Prof. Dr. Darrel Frank Moellendorf - Professor für Internationale Politische Theorie

Prof. Dr. Hermann Ott - Vorsitzender ClientEarth e.V. – Anwälte der Erde

Finlay Pringle - Meeresschützer und Aktivist

Hanli Prinsloo - Meeresschützer und Aktivist

Carl Safina - Ökologe und Autor

Prof. Beth Scott - Professorin für Meeresökologie

Dr. Richard Unsworth - Mitbegründer von Project Seagrass

Dr. Georg Winter - Umweltökonom

Prominente, Künstler*innen und Aktivist*innen

Dona Bertarelli - Philanthrop und Aktivist

Gordon Buchanan - Preisgekrönter Kameramann, Moderator und öffentlicher Redner

Lucy Campbell - Olympische Surferin

Tobias Friedrich - Unterwasserfotograf

Helena Ann Kennedy, Baroness Kennedy of The Shaws QC, FRSA

Joanna Lumley - Schauspielerin, Model, Moderatorin und Fernsehproduzentin

Markus Mauthe - Naturfotograf und Umweltaktivist

Cristina Mittermeier - Fotografin, Mitbegründerin und Geschäftsführerin von Sea Legacy, National Geographic-Abenteurerin des Jahres 2018

George Monbiot - Journalist und Autor

Sir Michael Andrew Bridge Morpurgo - Autor

Paul Nicklen - Fotograf und Filmemacher (u.a. für National Geographic) und Mitbegründer von Sea Legacy

Ellie Turner - Olympische Surferin

Tom Vierus - Fotograf, Filmemacher und Meeresbiologe

Vivienne Westwood - Modedesignerin

Wyland - Künstler und Autor

Zoe Wanamaker - Schauspielerin