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Neuer Bericht: Ungleichheit verschärft sich mit Voranschreiten der Klimakrise
Juni 09, 2022

Neuer Bericht: Ungleichheit verschärft sich mit Voranschreiten der Klimakrise

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

Die Klimakrise verschärft Ungleichheiten innerhalb und zwischen den Ländern weltweit, wie ein neuer EJF-Bericht zeigt. Einkommensschwache, marginalisierte Menschen in Industrie- und Entwicklungsländern sind unverhältnismäßig stark von ihren Auswirkungen betroffen. Industrienationen – jene Länder, die am meisten zur globalen Erwärmung beigetragen haben – müssen ihre Emissionen drastisch reduzieren und Entwicklungsländer, die am wenigsten zu dieser Krise beigetragen haben, finanziell stärker unterstützen.

Die globale Erwärmung ist eine allgegenwärtige, universelle Bedrohung für die Menschheit. Ihre Auswirkungen werden mit ihrer Verschärfung immer häufiger und gravierender. Nach Angaben des jüngsten Berichts des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen (IPCC) leben heute vier von zehn Menschen in Gebieten und unter Bedingungen, die sie für den Klimawandel besonders vulnerabel machen. Die Folgen der Erdüberhitzung sind jedoch von Gemeinschaft zu Gemeinschaft und von Land zu Land unterschiedlich stark zu spüren, da die Exposition, die Anfälligkeit und die Fähigkeit, sich von den Auswirkungen zu regenerieren, variieren.

Die wichtigsten Ergebnisse:

  • Die Klimakrise verschärft Ungleichheiten innerhalb und zwischen den Ländern weltweit.
  • Sowohl in den Ländern, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, als auch in den Ländern, die am meisten Emissionen emittieren, sind die Menschen, die mit sich überschneidenden Ungleichheiten und Diskriminierungen konfrontiert sind, unverhältnismäßig stark betroffen.
  • Klimapolitische Maßnahmen gehen oft nicht auf die unterschiedlichen Schwachstellen ein, was Marginalisierung und Ungleichheit weiter verschärft.
  • Reiche Länder versäumen es nach wie vor, ihre Emissionen ausreichend zu reduzieren oder die unverhältnismäßig stark betroffenen Länder und Gemeinschaften bei der Anpassung an den Klimawandel angemessen zu unterstützen.
  • Für eine wirksame und gerechte Lösung der Klimakrise sind menschenrechtsbasierte, kontextsensitive Maßnahmen in allen Sektoren erforderlich.

Keine Einheitslösungen für die Klimakrise

Der neue EJF-Bericht untersucht die unverhältnismäßigen Auswirkungen der Klimakrise in einigen der Länder, die am meisten Emissionen emittieren, sowie in den Ländern, die am wenigsten zur Krise beigetragen haben. Er zeigt, dass die Klimakrise einkommensschwache, marginalisierte Menschen auf der ganzen Welt unverhältnismäßig stark betrifft. Sich überschneidende Formen der Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter, Einkommen oder sozialem Status erhöhen ebenfalls die Anfälligkeit und untergraben die Fähigkeit, Klimafolgen zu bewältigen und sich von ihnen zu erholen.

Es ist wichtig, dass politische Entscheidungsträger*innen erkennen, dass es keine Einheitslösungen für die Klimakrise gibt und dass die sich überschneidenden Anfälligkeiten sich darauf auswirken, wie jede*r Einzelne betroffen ist und wie unterschiedliche Gemeinschaften von Schutzmaßnahmen profitieren. Letztendlich muss Klimagerechtigkeit in alle politischen Maßnahmen in allen Sektoren integriert werden.

Bedrohung grundlegender Menschenrechte

Der Bericht zeigt, dass die globale Erwärmung eine ernsthafte Bedrohung für sämtliche Menschenrechte darstellt, einschließlich des Rechts auf Leben, Gesundheit, Nahrung und kulturelle Rechte. Wetter- und Naturkatastrophen zwangen im Jahr 2020 30,7 Millionen Menschen dazu, ihre Häuser zu verlassen; bis zu 132 Millionen Menschen sind bis 2030 aufgrund des Klimazusammenbruchs zusätzlich von extremer Armut bedroht.

Meistens sind jene, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, zuerst und am schlimmsten betroffen: So leiden pazifische Inselstaaten immens unter extremen Wetterereignissen, dem Anstieg des Meeresspiegels, der Versauerung der Ozeane, obwohl sie nur für schätzungsweise 0,23 % der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. In Bangladesch werden durch den klimabedingten Anstieg des Meeresspiegels, Stürme, Wirbelstürme, Dürre, Erosion, Erdrutsche, Überschwemmungen und Versalzung bereits zahlreiche Menschen vertrieben. Schätzungen zufolge könnte bis 2050 jede*r siebte Einwohner*in Bangladeschs durch die Klimakrise vertrieben werden. Zum Vergleich: Die durchschnittlichen CO2-Emissionen pro Person sind in den USA etwa 27-mal höher als in Bangladesch (Daten von 2018).

Verluste und Schäden

Etwa 60 % der Treibhausgasemissionen werden von nur zehn Ländern verursacht, während weniger als 3 % aus den 100 Ländern mit den geringsten Emissionen stammen. Wohlhabende Nationen müssen sich dringend zu einem robusten System zur Bewältigung von Verlusten und Schäden verpflichten. Es ist von grundlegender Bedeutung, dass dieses System die ungleiche Verteilung der Risiken, die zum Teil auf Marginalisierung und Diskriminierung zurückzuführen ist, berücksichtigt und diejenigen unterstützt, die von den durch die Klimakrise verursachten Verlusten und Schäden betroffen sind.

Der Bericht veranschaulicht gleichzeitig auch die extrem hohen, realen Kosten des Klimawandels: So wurde Fidschi im Dezember 2020 von dem tropischen Wirbelsturm Yasa heimgesucht, der einen geschätzten wirtschaftlichen Schaden von 250 Millionen US-Dollar verursachte. So wie die reicheren Länder für einen größeren Anteil an den Emissionen verantwortlich sind, verfügen sie auch über mehr Mittel für Reparaturen und Wiederaufbau nach Klimakatastrophen. Industrieländer müssen dringend handeln und bis spätestens 2035 echte Klimaneutralität anstreben. Diese ist nur durch drastische Emissionssenkungen und einen soliden Schutz sowie die Wiederherstellung der biologischen Vielfalt erreichbar.

Eine Krise der Gerechtigkeit

Der grenzüberschreitende Charakter der Klimakrise zeigt, dass die Zukunft aller Menschen eng miteinander verknüpft ist. Dennoch gibt es innerhalb unserer Gemeinschaften und zwischen Ländern immer noch große Ungleichheiten. Längst wird die Klimakrise nicht als die Krise der Gerechtigkeit und der Menschenrechte angegangen, die sie ist. Die Achtung, der Schutz und die Erfüllung der Menschenrechte können die internationale Klimapolitik stärken und zu dauerhaftem Wohlergehen, Wohlstand und einer nachhaltigen und sozial gerechten Welt für uns alle führen. Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte, zur Bekämpfung der Klimakrise und zur Erhaltung unserer natürlichen Welt sind untrennbar miteinander verbunden: Wir werden nur erfolgreich sein, wenn wir sie gemeinsam angehen.