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IUU-Fischerei: Ghanas Fischerei kurz vor dem Zusammenbruch
Juni 17, 2019

IUU-Fischerei: Ghanas Fischerei kurz vor dem Zusammenbruch

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

"Saiko" ist eine besonders zerstörerische Form des illegalen Fischfangs: Ausländische Schleppnetzfischer stehlen den Fischfang ghanaischer Kanu-Fischer und verkaufen ihn mit Gewinn an die örtlichen Gemeinden zurück. Fest steht: Diese Form der organisierten Kriminalität kostet Ghana Millionen von Dollar und bedroht die Ernährungssicherheit und den Lebensunterhalt der Küstenbewohner.

Um das gesamte Ausmaß von Saiko aufzudecken, hat EJF illegale Aktivitäten auf See gefilmt, Häfen überwacht und Daten aufgezeichnet und analysiert. Das Ergebnis: 2017 wurden in Ghana rund 100.000 Tonnen Fisch über Saiko angelandet. Das bedeutet, dass in diesem Jahr nur 40% der Fänge legal angelandet wurden.

Die Fangschiffe werden fast ausschließlich von ausländischen Betreibern unterhalten: Mehr als 90% der in Ghana zugelassenen industriellen Trawler sind in chinesischem Besitz. Sie nutzen ghanaische Scheinfirmen, um Gesetze zu umgehen, die den ausländischen Besitz oder die Kontrolle von industriellen Schleppschiffen unter Ghanas Flagge verbieten.

BEDROHUNG FÜR FISCHBESTÄNDE & ERNÄHRUNGSSICHERHEIT

Die industriellen Trawler (von "to trawl" = mit einem Schleppnetz fischen) sind in der Lage, große Mengen kleiner Hochseefische – sogenannte kleine pelagische Fische, wie z.B. Sardinellen – zu fangen. Diese Fischarten bilden den Hauptfang der örtlichen Kanufischer und sind ein entscheidender Bestandteil der ghanaischen Ernährung.

Ohne den Einsatz drastischer Maßnahmen könnten diese Bestände nach Schätzungen von Wissenschaftler*innen nur noch weniger als sechs Jahre erhalten bleiben. Darüber hinaus sind über 60% der von Oktober 2018 bis April 2019 analysierten Fische - und somit ein Großteil des Saiko-Fangs - Jungfische. Der Fang in diesem frühen Stadium kann die Regenerationsfähigkeit der Fischbestände erheblich beeinträchtigen.

SCHWERE VERLUSTE FÜR GHANAS WIRTSCHAFT

Die Saiko-Fänge im Jahr 2017 beliefen sich beim Verkauf auf See auf 40,6 bis 50,7 Millionen US-Dollar und beim Verkauf an Land auf 52,7 bis 81,1 Millionen US-Dollar, so schätzt der Bericht. Ein Großteil dieses Geldes fließt direkt in die Hände der chinesischen Fischereiunternehmen. Darüber hinaus vernichtet Saiko gleichzeitig wichtige Arbeitsplätze.

Ghanas traditionelle Kanu-Fischerei stellt je 100 Tonnen Fisch eine direkte Beschäftigung für rund 60 Fischer dar. Saiko reduziert diese Zahl drastisch, denn speziell gebaute Saiko-Kanus, die den Fisch von den Trawlern zurück zu den Häfen bringen, transportieren den 450-fachen Durchschnittsfang der Fischer-Kanus und werden von nur wenigen Personen betrieben. Je 100 Tonnen Fisch ergeben sich somit nur 1,5 Arbeitsplätze - also das rund 40-fache weniger.

„Saiko beschleunigt den Zusammenbruch von Ghanas wichtigsten Fischbeständen und fördert damit Armut und Hungerleiden der Menschen“, so Steve Trent, Geschäftsführer von EJF. „Chinesische Trawler verdienen Millionen von Dollar mit illegalem Handel, der mehr als die Hälfte, der von Industriebooten in Ghana gefangenen Fische ausmacht. Das ist eine ökologische Katastrophe, die eine menschliche Krise zur Folge hat, weil den lokalen Gemeinschaften der Lebensunterhalt, das Einkommen und die Ernährungssicherheit entzogen werden.“

„Es liegt klar auf der Hand, dass die Regierung die Möglichkeit hat, diese illegalen und äußerst schädlichen Aktivitäten zu stoppen. Und es ist ebenso klar, dass sie dies unverzüglich tun muss, um den Niedergang oder den Zusammenbruch ihrer Fischereien zu verhindern", so Trent weiter.

Markt in Ghana und Saiko-Handel

Kofi Agbogah ist Leiter der in Ghana ansässigen NGO Hen Mpoano, die den Bericht gemeinsam mit EJF verfasst hat. Seinen Angaben zufolge sind die Einkommen von Kleinfischern in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren um bis zu 40% gesunken. Ghana ist nun dazu gezwungen, mehr als die Hälfte des konsumierten Fischs zu importieren.

"Saiko saugt das Herz aus Ghanas Fischerei."
Kofi Agbogah, Leiter der Nichtregierungsorganisation Hen Mpoano

Doch selbst mit modernsten Systemen sei der Umschlag von Fisch auf See laut Agbogah erfahrungsgemäß schwierig zu überwachen. Lösungsansätze für das Problem sieht er daher an einer anderen Stelle: „Alle Fänge sollten in zugelassenen Häfen angelandet und in offiziellen Statistiken erfasst werden. Dies würde auch die Einhaltung von Verboten bestimmter Fanggeräte sicherstellen, die Trawler davon abhalten, kleine pelagische Fischbestände zu befischen.“

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