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Coca-Cola als Sponsor: Wie glaubwürdig ist die COP?
Nov. 08, 2022

Coca-Cola als Sponsor: Wie glaubwürdig ist die COP?

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Der weltweit größte Plastikverschmutzer, Coca-Cola, wurde als Sponsor für die COP27 ausgewählt. Damit hat die ägyptische Regierung ihre Chance verpasst, ein gutes Vorbild für Regierungen und Unternehmen weltweit zu sein.

Diesen November kommen die Regierungen der Welt bei der UN-Klimakonferenz (COP27) im ägyptischen Scharm el-Scheich zusammen, um Maßnahmen im Kampf gegen die Klimakrise auf den Weg zu bringen. Dass Coca-Cola den Gipfel finanziert, wirft ernsthafte Fragen über seine Glaubwürdigkeit auf.

Plastikmüll und Menschenrechtsverletzungen

Die COP27 bietet Coca-Cola die perfekte Bühne, um sich als Vorreiter in Sachen Nachhaltigkeit zu präsentieren – und das, obwohl das Unternehmen den Schutz unserer natürlichen Welt und die Wahrung von Menschenrechten offensichtlich mit Füßen tritt.

Coca-Cola produziert jährlich 120 Milliarden Plastikflaschen – das entspricht 200.000 Flaschen pro Minute. Diese Menge an Plastik ist schwer vorstellbar, doch Bilder von mit Plastik übersäten Stränden auf der ganzen Welt verdeutlichen das Ausmaß des Problems. Die gigantische Plastikproduktion von Coca-Cola bedroht jeden Zentimeter unseres Planeten: Selbst auf dem Gipfel des Mount Everest, an der tiefsten Stelle des Ozeans und sogar in der menschlichen Plazenta wurden Partikel nachgewiesen. Gleichzeitig erhöht sie auch die Nachfrage nach fossilen Energieträgern.

Mehr als 99 % aller Kunststoffe werden aus Chemikalien hergestellt, die aus der Produktion fossiler Brennstoffe stammen. Prognosen gehen davon aus, dass die Kunststoffindustrie bis Mitte des Jahrhunderts fast die Hälfte des Wachstums der Ölnachfrage ausmachen wird. Obwohl klar ist, dass die Produktion dringend reduziert werden muss, hat der Gesamtkunststoffverbrauch von Coca-Cola seit 2019 um 8,1 % auf 3,2 Millionen Tonnen zugenommen und fördert so weiterhin die globale Abhängigkeit von fossilen Energieträgern.

Coca-Cola ist dafür bekannt, Zusagen in Sachen Nachhaltigkeit zu machen und diese nicht einzuhalten. So versprach das Unternehmen bereits 1990, 25 % recyceltes Material für seine PET-Flaschen zu nutzen – heute sind es immer noch nur 10 %. In der Zwischenzeit wirbt der Konzern mit einem enormen Werbe- und Marketingbudget in Höhe von 4,2 Milliarden Dollar enthusiastisch für seine bescheidenen Schritte zur höheren Recyclingfähigkeit seiner Flaschen.

Darüber hinaus wurden Coca-Cola wiederholt Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen – von Haiti bis Indonesien und rund um den Globus. Die Vorwürfe reichen von schlechten Arbeitsbedingungen bis hin zu Einschüchterung und sogar Mord.

Eine Frage der Gerechtigkeit

In der Vergangenheit wurden immer wieder große Unternehmen als Sponsoren für den UN-Klimagipfel ausgewählt, die für ein hohes Maß an Umweltzerstörung verantwortlich sind – so auch bei der COP26 im Jahr 2021, als die Auswahl unter anderem auf Unilever fiel.

Insgesamt erzielten die 11 Sponsoren in 2020 Einnahmen in Höhe von fast 300 Milliarden Euro und stießen gleichzeitig 375 Millionen Tonnen CO2 aus. Das Sponsoring der COP26 soll den Organisator*innen rund 285 Millionen Euro wert gewesen sein, was einen klaren Interessenkonflikt darstellt. Es symbolisiert außerdem, wer Zugang zu den Treffen zwischen wichtigen Entscheidungsträger*innen erhält, und wer nicht.

Während Aktivist*innen aus dem Globalen Süden, die Menschen an vorderster Front der Klimakrise, Schwierigkeiten haben, ihre Teilnahme an der Konferenz zu finanzieren, können große Unternehmen ohne Probleme teilnehmen und Politiker*innen die vermeintlichen „Vorteile“ fossiler Brennstoffe schmackhaft machen.

Es geht hierbei um eine grundlegende Frage der Gerechtigkeit. Menschen aus gefährdeten Ländern sind schon heute mit den katastrophalen Folgen der Erdüberhitzung konfrontiert: Sie kämpfen mit Überschwemmungen, Dürren und Bränden, während die Unternehmen, die diese Krise verursachen, immer mehr Macht erhalten. Der Weltklimagipfel sollte sich an den Bedürfnissen Betroffener orientieren und ihrem Wissen und ihren Erfahrungen Gehör verleihen – und nicht im Dienste derer stehen, die den planetarischen Notstand weiter anheizen.

Dringendes Handeln nötig

Um Klimagerechtigkeit herzustellen und die Klimakrise wirksam zu bekämpfen, sind ehrgeizige globale Maßnahmen nötig. Menschenrechte und Gerechtigkeit gehören ins Zentrum sämtlicher Klimaschutzmaßnahmen. Projekte für fossile Brennstoffe müssen schnell und umgehend gestoppt werden, ebenso wie entsprechende Subventionen. Die reichen Länder der Welt sind zudem dringend dazu aufgefordert, ihr 2009 zugesagtes Klimafinanzierungsziel für weniger wohlhabende Nationen von 100 Milliarden US-Dollar für Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und dessen Bekämpfung einzuhalten. Zusätzlich müssen sie ein höheres Ziel für die Klimafinanzierung nach 2025 festlegen.

Die COP27 muss dem Trend früherer Weltklimagipfel entgegenwirken und dafür sorgen, dass die Menschen an vorderster Front der Klimakrise in der Entscheidungsfindung berücksichtigt werden. Um das sicherzustellen, haben wir Anfang November die „People's COP27“ veranstaltet. Aus der Veranstaltung ging das „People's COP Manifesto“ hervor: Es listet zehn Maßnahmen, die Staats- und Regierungschefs dringend ergreifen müssen, um sicherzustellen, dass zukünftige Klimaschutzmaßnahmen den Menschen und unserer Erde zugutekommen. Das Manifest wurde den Entscheidungsträger*innen zu Beginn der Verhandlungen vorgelegt, damit auch marginalisierte Stimmen echten Einfluss auf die Politik nehmen können, die über ihre Zukunft entscheiden wird: