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Unseren Platz auf dem Planeten neu gestalten: Kommerzielle Wildtiermärkte ein für alle Mal schließen
Okt. 04, 2021

Unseren Platz auf dem Planeten neu gestalten: Kommerzielle Wildtiermärkte ein für alle Mal schließen

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Wir sind auf die Natur angewiesen, wenn es um ein stabiles Klima, unsere Ernährung, Wasser, Medizin, die Luft zum Atmen – um unsere grundlegendsten Bedürfnisse geht. Unser aller Leben ist untrennbar mit den Ökosystemen und der biologischen Vielfalt verbunden. Die Zukunft der Menschheit steht auf dem Spiel, wenn wir nicht dringend daran arbeiten, unsere Beziehung zur Natur neu zu gestalten.

Kommerzielle Märkte für Wildtiere sind ein klares Zeichen für unseren dysfunktionalen Umgang mit der Natur, der Arten bedroht und die gesamte Welt großen gesundheitlichen Gefahren aussetzt. Wir müssen diese grausame Praxis beenden.

Überwindung der Artengrenze

Wir Menschen sind ein Teil der natürlichen Welt. In den meisten Fällen nutzen wir diese Verbindung zu unserem kurzfristigen Vorteil aus, was zur Zerstörung von Lebensräumen und zum Zusammenbruch von Nahrungsketten führt und die Tierwelt an den Rand des Aussterben treibt.

In dem Maße, wie wir andere Arten in immer kleinere Teile ihres Lebensraums drängen und sie in immer engeren Kontakt miteinander zwingen – auch mit Arten, die in freier Wildbahn nie eng miteinander interagieren würden – und in Kontakt mit dem Menschen bringen, schaffen wir eine Plattform für Krankheitserreger, die sich vermischen, mutieren und den Sprung zum Menschen schaffen.

Krankheitserreger und ihre natürlichen Trägerarten oder „Wirte“ entwickeln sich parallel zueinander, in einem komplexen Netz evolutionärer Interaktionen, die für beide Vorteile und Kosten mit sich bringen. Wenn diese Erreger jedoch auf andere Arten übertragen werden, können sie für ihren neuen Wirt schädlich oder sogar tödlich sein. Ebola, Vogelgrippe, Schweinegrippe, das Nahost-Atemwegssyndrom (MERS), das Rifttalfieber, SARS, das West-Nil-Virus, das Zika-Virus und Covid-19: Alle diese Erreger haben den Sprung vom Tier zum Menschen geschafft. 75% der neu auftretenden Infektionskrankheiten haben ihren Ursprung in der Tierwelt.

Je mehr Arten auf engem Raum vorkommen, desto größer ist die Zahl der Krankheitserreger und desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein Erreger die Artengrenze überspringt und entweder direkt oder über eine andere Art auf den Menschen übergeht. Aus diesem Grund sind kommerzielle Märkte für Wildtiere so gefährlich für die menschliche Gesundheit. Sie fungieren als „Reservoir“ für Krankheitserreger, die dem Menschen unbekannt sind, und das in einer häufig überfüllten und unhygienischen Umgebung, die eine Übertragung zwischen den Arten fördert.

Kommerzielle Märkte für Wildtiere sind nicht nur Brutstätten für Krankheiten, sondern verursachen auch großes Tierleid und verschärfen den derzeitigen katastrophalen Rückgang der Artenvielfalt. Der Handel mit wild lebenden Tieren und Pflanzen ist eine der Hauptursachen für das Artensterben. Der damit verbundene illegale Handel wird von Expert*innen als das viertlukrativste organisierte Verbrechen weltweit angesehen. Entscheidend ist, dass ein legaler kommerzieller Handel einen klaren Weg bietet, über den illegale Wildtiere in großem Umfang gehandelt werden können. Von diesem Handel ist inzwischen jede fünfte Wirbeltierart betroffen.

Covid-19

Die Covid-19-Pandemie hätte nicht überraschen dürfen – sie wurde vorhergesagt, und ihr ging eine lange Reihe ähnlicher Infektionen voraus, die von Wildtieren auf den Menschen übersprangen, zuletzt SARS. Aber wir haben diese Warnzeichen nicht erkannt und nicht darauf reagiert. Jetzt braucht es massive globale Anstrengungen, um die Folgen dieses Fehlers zu bekämpfen, anstatt die eigentlichen Ursachen anzugehen – ein Rezept für weiteres Leid, weitere Kosten und Verluste.

Nach SARS wurden wichtige Lehren nicht gezogen; die Maßnahmen waren kurzfristig und begrenzt. Die Covid-19-Pandemie hat uns diesen Fehler in aller Deutlichkeit vor Augen geführt. Das Virus hat inzwischen fast 4,5 Millionen Menschen getötet und die tiefste weltweite wirtschaftliche Rezession seit fast einem Jahrhundert ausgelöst.

Die einzige Frage, die bleibt, ist, ob wir dieses Mal die Warnung beherzigen und die notwendigen Maßnahmen ergreifen, um die Wahrscheinlichkeit einer Wiederholung zu verringern.

Regulierung ist nicht genug

Vom UN-Chef für biologische Vielfalt bis hin zu Gesetzgeber*innen, Mediziner*innen, Naturschutzorganisationen und Menschen, die in Ländern mit vielen kommerziellen Wildtiermärkten leben, ist die Botschaft klar: Schließt diese Märkte.

Die Antwort liegt nicht in der Regulierung der kommerziellen Wildtiermärkte unter dem Vorwand, dass es irgendwie möglich sein wird, den legalen und illegalen Wildtierhandel zu verwalten und zu unterscheiden – die vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass dies nicht der Fall ist. Die Antwort ist ein dauerhaftes und weltweites Verbot dieser Märkte.

Ein Verbot des kommerziellen Wildtierhandels würde nicht nur dazu beitragen, uns vor der nächsten Pandemie zu schützen, sondern auch der Natur die Unterstützung geben, die sie braucht, um sich zu erholen und uns alle zu schützen.

Bei solchen Maßnahmen müssen wir sicherstellen, dass die lokalen Gemeinschaften, die derzeit vom Wildtierhandel abhängig sind, nicht vergessen werden und dass die Kosten für die Unterstützung dieser Menschen berücksichtigt werden. Sie müssen in die Auflösung der kommerziellen Märkte für Wildtiere, der Lieferketten, die sie befeuern, und der menschlichen und ökologischen Schäden, die sie verursachen, einbezogen und unterstützt werden und sich aktiv daran beteiligen.

Unser Platz auf dem Planeten

Wenn wir in die Zukunft blicken, müssen wir uns unseren Platz auf diesem Planeten neu vorstellen und neu erfinden. Die Menschheit hat die Fähigkeit, nachhaltig zu leben, und wir müssen den Wandel vollziehen – für uns selbst und für die beeindruckende Tierwelt, mit der wir zusammenleben.

Das Verbot kommerzieller Märkte für Wildtiere ist ein erster Schritt eines Wandels, der auch beinhalten muss, dass mindestens die Hälfte der Erdoberfläche für die Erhaltung wichtiger Ökosysteme reserviert wird, während gleichzeitig der volle Schutz und die traditionellen Rechte indigener Völker gewährleistet werden.

Die Staats- und Regierungsführer*innen der Welt müssen zusammenarbeiten, um eine neue, nachhaltige Politik zu schaffen, die unsere Beziehung zur natürlichen Umwelt neu gestaltet. Die doppelte Krise des Klimas und der biologischen Vielfalt stellt eine existenzielle Bedrohung für die Menschheit dar. Wenn wir unsere Beziehung zur natürlichen Welt nicht völlig umgestalten, werden wir selbst für unser Aussterben verantwortlich sein.

Dieser Kommentar erschien bei Open Access Government und wird hier mit Genehmigung veröffentlicht.