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Wie sich COVID-19 durchgesetzt hat und warum wir den Handel mit Wildtieren beenden müssen
Apr. 17, 2020

Wie sich COVID-19 durchgesetzt hat und warum wir den Handel mit Wildtieren beenden müssen

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Es wird keinen Silberstreifen am Horizont für das durch die COVID-19-Pandemie verursachte Leid geben. Doch es ergibt sich die seltene Gelegenheit, eine entscheidende Lektion aus der Krise zu lernen: Der Handel mit Wildtieren muss aufhören.

Bislang wurde der grausame und zerstörerische Handel von Wildtieren als "Artenschutz-Thema" von denjenigen abgetan, die Naturschutz lediglich als Ablenkung von den wirklich wichtigen Zielen der Erwachsenenwelt – nämlich des Wirtschaftswachstums – betrachten. Doch sie könnten nicht falscher liegen. Da das neuartige Coronavirus die Weltwirtschaft aktuell wie eine "Abrissbirne" zerschlägt und Zehntausende von Menschen tötet, wächst das Verständnis dafür, dass dieses "Naturschutz"-Thema untrennbar mit der globalen Gesundheit und der wirtschaftlichen Sicherheit verbunden ist.

Ich war in Peking, als SARS Anfang 2003 China traf, und sah die Panik, die das Virus auslöste. Als Gründer und Direktor der internationalen Naturschutzorganisation WildAid arbeitete ich mit Student*innen und Dozent*innen der Pekinger Universität für Chinesische Medizin zusammen, um das Bewusstsein für die Grausamkeiten, Schäden und anderen Bedrohungen zu schärfen, die mit dem milliardenschweren Wildtierhandel einhergeht. Man ging davon aus, dass der Verzehr von Zibetkatzen die Quelle für die Übertragung von SARS auf den Menschen sei, und man erkannte zunehmend die Gesundheitsgefahren, die von der Übertragung der Krankheit von Wildtieren auf den Menschen ausgehen.

Aber selbst in Anschluss an SARS ignorierte China die Aufrufe von Naturschützer*innen, den Handel mit Wildtieren, der Tierpopulationen weltweit vernichtet, einzuschränken oder zu beenden... Damit wurde der Weg für neue Krankheitsausbrüche und schließlich auch für die tragische Pandemie des Jahres 2020 geebnet.

Tödliche Fehler

Die kritischen Fehler, die nach dem SARS-Ausbruch gemacht wurden, waren dreifacher Art.

Erstens waren die ergriffenen Maßnahmen kurzfristig. Ja, China verhängte ein Verbot der Jagd, des Transports und des Verkaufs aller Wildtiere in Südchina. Zibetkatzen wurden in den so genannten "Farmen", in denen sie für den menschlichen Verzehr gezüchtet wurden, entweder getötet oder unter Quarantäne gestellt. Aber diese Maßnahmen waren vorübergehend und auf Südchina beschränkt, wo der Ausbruch begann.

Zweitens gab es ein grundlegendes Missverständnis darüber, wie sich das SARS-Virus entwickelte und übertragen wurde. Obwohl es sehr wahrscheinlich schien, dass es über Zibetkatzen auf den Menschen übergesprungen war, wurde die tiefere Frage, woher das Virus stammt, nicht thematisiert. Doch dies ist von entscheidender Bedeutung. Denn es ist die im Wildtierhandel vorkommende Kreuzung mehrerer Arten – Arten, die in der freien Natur normalerweise keinen engen Kontakt miteinander haben – die wahrscheinlich den Pool für die Virusübertragung bildet, möglicherweise mit Mutationen von einer Art zur anderen.

Zu guter Letzt war es ein globales Versagen, die nicht nachhaltige Ausbeutung von Wildtieren endgültig zu beenden. Mit der Erschöpfung einer Wildtierpopulation wurden auch andere Arten ins Visier genommen und auf den Markt gebracht, wodurch das Potenzial für neuartige Viren entstand.

Vereinfacht ausgedrückt war die Reaktion zu kurzweilig und zu begrenzt, um langfristig einen weiteren ähnlichen Ausbruch zu verhindern. Und hier stehen wir heute, mit vielen Zehntausenden Toten, unsere Weltwirtschaft verwüstet und Schlimmeres steht uns noch bevor.

Aus unseren Fehlern lernen

Dies darf sich nicht wiederholen.

China hat ein Verbot des Handels mit Wildtieren auf Märkten, in Restaurants und im elektronischen Handel erlassen. Doch dieses Gesetz ist nur von vorübergehender Dauer. Wenn es nicht dauerhaft ist und hart durchgesetzt wird, wird es eine reine PR-Geschichte bleiben.

Wir erwarten zwar nicht, dass sich in den nächsten Monaten oder gar Jahren ein weiteres Coronavirus entwickelt. Aber wir sollten in den kommenden Jahrzehnten damit rechnen – es sei denn, es werden Verbote in China und anderen Verbraucherländern verhängt. Und es ist von entscheidender Bedeutung, dass diese Verbote durchgesetzt werden.

China verfügt über riesige Märkte für Wildtiere, wobei die legale Seite des Handels – die Wildtierzuchtindustrie – jährlich etwa 57 Milliarden Dollar wert ist. Dieser "legale" Handel, der bereits die Quelle barbarischer Grausamkeiten ist, ist oft Fassade für seinen schattenhaften, noch bösartigeren Zwilling: den illegalen Handel. Händler auf "Wet Markets" – wie dem in Wuhan, wo dieses Coronavirus vermutlich seinen Ursprung hat – verkaufen lebende Tiere unter grausamen Bedingungen und sie sind in der Lage, ihren Handel zu verschleiern, sodass jegliche Illegalität äußerst schwer aufzudecken und strafrechtlich zu verfolgen ist – selbst wenn die Behörden es versuchen.

Aus diesem Grund ist Chinas "Verbot des illegalen Handels mit Wildtieren" (das vor dem kürzlich erlassenen vorübergehenden Verbot sowohl des legalen als auch des illegalen Konsums und Handels mit Wildtieren erlassen wurde) noch weniger sinnvoll, als es zunächst den Anschein hat. Ein wirksames Durchgreifen gegen den illegalen Handel mit Wildtieren ist fast unmöglich, wenn man sich nicht um die legalen Märkte kümmert.

Es ist auch von entscheidender Bedeutung, dass jede Gesetzgebung neben dem Verzehr von Tieren – was das vorübergehende Verbot umfasst – auch Tierteile einschließen muss, die für die traditionelle chinesische Medizin beschafft wurden.

Nich nur in China

China hat viel dringende Arbeit zu erledigen, aber das Problem, von dem wir sprechen, ist kein kategorisches "chinesisches" Problem.

Sammler aus ganz Asien, den Vereinigten Staaten, Europa, dem Nahen Osten und vielen anderen Regionen treiben den zerstörerischen Handel mit Wildtieren voran. In Vietnam zum Beispiel ist der Handel mit Wildtieren jedes Jahr über eine Milliarde Dollar wert.

Auch dort sehen wir hoffnungsvolle Anzeichen für Maßnahmen, da der Premierminister das Landwirtschaftsministerium des Landes aufgefordert hat, eine Richtlinie zur Unterbindung des illegalen Handels und Konsums von Wildtieren auszuarbeiten.

Aber auch hier muss sie allumfassend sein – und sie muss durchgesetzt werden.

Die wirkliche Lösung

Hinter all dem steht unsere zügellose, nicht nachhaltige, selbstzerstörerische Ausbeutung der natürlichen Umwelt. Wir beginnen endlich zu begreifen, dass Umweltzerstörung nicht nur eine Gefahr für die allgemeine ökologische Sicherheit des Planeten, sondern auch für die menschliche Gesundheit – für uns selbst – darstellt. Ebola, Vogelgrippe, Schweinegrippe, MERS, Rift Valley Fieber, SARS, Zika-Virus: All diese Viren sprangen über vom Tier zum Menschen. Expert*innen gehen davon aus, dass es fast immer menschliches Verhalten war, das die Übertragung verursachte.

Das neue Coronavirus verursacht Leid und Tod, aber es könnte noch schlimmer sein. Was wäre, wenn die hohe Ansteckungsrate des Virus mit der 50%-igen Sterblichkeitsrate von Ebola einhergegangen wäre? Die Tragödie wäre undenkbar gewesen.

Die Verhinderung weiterer, möglicherweise noch schlimmerer Ausbrüche ist nicht nur eine Frage der Schließung von Wildtiermärkten wie dem von Wuhan. Es verlangt von uns, unsere Verbindung zur Natur neu zu bewerten. Wir müssen die Zerstörung von Ökosystemen und die Klimakrise stoppen, die Wildtiere in Kontakt mit den Menschen bringen. Dies würde uns nicht nur vor tödlichen Virusausbrüchen schützen, sondern uns glücklicher und gesünder machen und uns auf den Weg zu einer prosperierenden, nachhaltigen grünen Wirtschaft bringen.

China hat die Notwendigkeit erkannt, den Handel mit Wildtieren unter Kontrolle zu bringen, wenn ein weiterer Ausbruch verhindert werden soll – ein wichtiger und willkommener Schritt. Aber gemeinsam mit dem Rest der Welt muss er zu Ende geführt werden, auch nachdem dieses Coronavirus abgeklungen ist und sich die Aufmerksamkeit der Welt auf andere Bereiche verlagert.

Wir haben hier die Möglichkeit, vom Aussterben bedrohte Arten zu schützen, die Tierquälerei zu reduzieren und gleichzeitig unsere Wirtschaft und unsere Gesundheit zu schützen.

Dieser Planet ist unsere Heimat. Er hält uns gesund und garantiert unsere Sicherheit – aber nur, wenn wir dasselbe für ihn tun.

Dieser Kommentar wurde ursprünglich von The Revelator veröffentlicht.