Welttag der Pressefreiheit: Notwendiger denn je
Von Kriegsgebieten bis hin zu bedrohten Ökosystemen – Journalist*innen riskieren nicht selten ihr Leben im Einsatz für Informationsfreiheit, Gerechtigkeit und Transparenz. Ihre unverzichtbare Arbeit zur Aufdeckung von Verbrechen, Missbrauch und Zerstörung muss unter allen Umständen verteidigt werden.
Heute begehen wir den 30. Internationalen Tag der Pressefreiheit, seit dieser 1933 in Windhoek erstmals ausgerufen wurde – und es gibt wenig zu feiern.
Noch immer werden Journalist*innen auf vielfache Weise aufgrund ihrer Arbeit verfolgt. Im digitalen Zeitalter sind die Methoden der Unterdrückung und Kontrolle nur noch heimtückischer geworden. Überall auf der Welt werden Reporter*innen inhaftiert, gefoltert, eingeschüchtert und überwacht. In Russland wurde der Reporter des Wall Street Journals, Evan Gershkovich, über ein Jahr lang in Moskau inhaftiert. In Ruanda berichtete kürzlich der Journalist Dieudonné Niyonsenga, der eine siebenjährige Haftstrafe verbüßt, dass er in einem „Loch“ gehalten und häufig geschlagen werde. In London sehen sich iranische Journalist*innen mit dem Tod bedroht und eingeschüchtert, ein Reporter wurde vor seiner Wohnung mit einem Messer attackiert.
Wir können nicht wissen, was die Verfolgung und Gewalt mit Menschen macht, die mutig genug sind, ihre persönliche Sicherheit und allzu oft auch die Sicherheit ihrer Angehörigen zu riskieren. Aber wir können beobachten und messen, wie sich dies auf die Demokratien und die Meinungsfreiheit in der Welt auswirkt. Es ist kein Zufall, dass der alarmierende Rückgang der Pressefreiheit mit einer Zunahme von Militärdiktaturen und rechtsextremen Regierungen einhergeht.
In diesem Jahr ist der Welttag der Pressefreiheit der freien Meinungsäußerung im Umweltjournalismus gewidmet. In den vergangenen Jahren ist speziell dieser Themenbereich zunehmend zu einem Schauplatz von Zensur, Einschüchterung und Unterdrückung geworden. Nach Angaben von Media Defence ist die Berichterstattung über die Umwelt zu einem der gefährlichsten Gebiet im Journalismus geworden: In den letzten zehn Jahren wurden mindestens 13 Journalisten, die über Umweltthemen recherchierten, getötet.
Weltweit für Schlagzeilen sorgte der Tod des Guardian-Journalisten Dom Phillips und seines Freundes und Guides Bruno Pereira am 15. Juni 2022, die sich auf einer Recherchereise in die Region Lago do Jaburu im Amazonasgebiet befanden. Vor der Abreise hatte Pereira eine Drohung erhalten, nachdem er sich gegen illegale Fischereibanden am Javari-Fluss ausgesprochen hatte. Der Wortlaut: „Wir werden dich finden, um die Rechnung zu begleichen.“
Ein wichtiger Teil der Arbeit der Environmental Justice Foundation (EJF) sind Schulungsprogramme für Umweltjournalist*innen und -aktivist*innen, die über illegale Fischerei und andere Umweltverbrechen berichten – also Menschen, die eine ähnliche Arbeit wie Pereira leisten.
Der Bedarf an Journalist*innen, die Umweltverbrechen untersuchen und aufdecken, steigt ständig – und mit ihm das Risiko, das diese Arbeit für ihr Leib und Leben darstellt. Wir wollen, dass die Menschen, die den Mut haben, diese Geschichten zu erzählen, die bestmöglichen Werkzeuge an der Hand haben, um dies sicher tun können. Daher stellen wir Sicherheits- und Risikobewertungen in den Mittelpunkt der Ausbildung und geben unser Fachwissen an Reporter*innen weiter, um ihr investigatives Know-how zu fördern.
Seit der Konzeption dieses Schulungsprogramms im Jahr 2020 hat EJF Medienschaffende in Indonesien ausgebildet, um die Berichterstattung über den illegalen Handel mit Haien zu verstärken. In Ghana, Somalia, Kamerun und Tansania haben wir Journalist*innen besser ausgerüstet, um die illegale Fischerei in den Gewässern ihrer Länder zu untersuchen. Alle diese Menschen haben unterschiedlich hohe Risiken auf sich genommen, um über die weitreichenden Bedrohungen ihrer lokalen Umwelt zu berichten – wir hoffen, dass EJF nicht nur ihre Berichterstattung über diese Themen unterstützt, sondern ihnen auch geholfen hat, ihre Sicherheit über alles andere zu stellen.
Die vielfältigen Gefahren für das Leben und das Wohlergehen von Umweltjournalist*innen nehmen kein Ende. Auf die Einladung zu einer unserer Schulungen hin formulierte ein Interessent offen seine Angst: „Werde ich dadurch Ärger mit der Regierung bekommen?“ Uns wurde erklärt: „Das könnte mein Leben gefährden. Es wäre nicht das erste Mal.“ Wir antworteten, dass wir, wenn es darauf ankäme, keine Immunität oder Schutz bieten könnten. Die Entscheidung lag bei ihnen, ebenso wie das Risiko.
Es liegt in unser aller Interesse, die Arbeit dieser Journalist*innen zu unterstützen und für ihr Recht auf freie Meinungsäußerung einzutreten. Andernfalls bleiben die von Unternehmen, Regierungen und Einzelpersonen begangenen Umweltverbrechen unbemerkt und unkontrolliert, und das in einer Zeit, in der unsere natürlichen Ökosysteme an der Schwelle zum unumkehrbaren Zusammenbruch stehen. Es ist keine Übertreibung zu sagen, dass diese Journalist*innen direkt unsere grundlegenden Menschenrechte verteidigen, indem sie die Gefährdung einer sauberen, gesunden und nachhaltigen Umwelt offenlegen, auf die wir alle ein Recht haben.
Ohne eine freie, unabhängige Presse stirbt die Demokratie, stirbt die Suche nach der Wahrheit, stirbt die Gerechtigkeit.
Der heutige Tag sollte uns daran erinnern, wie glücklich wir uns schätzen können, dass es auf der ganzen Welt Journalist*innen gibt, die bereit sind, ihre persönliche Sicherheit für das öffentliche Wohl zu riskieren – wie falsch es auch sein mag, dass sie dies derzeit tun müssen. Und daran, wie schnell dies zunichte gemacht werden kann, wenn wir uns nicht gemeinsam dafür einsetzen, sie zu schützen und zu unterstützen.
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