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Aug. 06, 2021

Für Klimagerechtigkeit müssen wir die Industrie reformieren

Von Environmental Justice Foundation Deutschland

Dies ist der zweite Teil einer neuen Blog-Serie, in der wir unser Klima-Manifest im Detail vorstellen. In diesem Teil geht es darum, wie die wichtigsten Industriesektoren reformiert werden können, um einen sichereren und nachhaltigeren Planeten zu schaffen.

Maßnahmen, um die Klimakrise zu bewältigen, Emissionen zu senken und Klimagerechtigkeit zu fördern, müssen in allen Regierungsbereichen und in allen Ländern ergriffen werden. Es gibt mehrere Schlüsselsektoren, die besonders stark zu den Emissionen beitragen. Eine Reform dieser Sektoren kann zu großen Fortschritten führen. Geschieht das nicht, sind sinnvolle Maßnahmen unmöglich.

Verkehr

Der Verkehrssektor war 2017 für 27 % der Treibhausgasemissionen in der EU verantwortlich und bedarf dringend einer Reform. Doch um den Übergang zur Nachhaltigkeit zu schaffen, sind Anreize erforderlich.

Neue Steuern wie die progressive Vielfliegersteuer, welche auf die kleine Minderheit derjenigen abzielt, die die überwiegende Mehrheit der Flüge durchführen, und Steuern auf Kraftstoffe für Flugzeuge und Schiffe können Mittel für Investitionen in nachhaltigere Konzepte bereitstellen. Auch Verkaufsverbote für Benzin- und Dieselfahrzeuge ab einem bestimmten Datum, wie sie von immer mehr Ländern praktiziert werden, können helfen.

Ohne staatliche Investitionen in alternative, nachhaltige Verkehrsmittel sind diese Instrumente jedoch wirkungslos. Schlimmstenfalls untergraben sie das Vertrauen der Öffentlichkeit in einen nachhaltigen Wandel. Regierungen müssen öffentliche Gelder, insbesondere aus Kraftstoff- und Flugticketsteuern, für die Verbesserung des kohlenstoffarmen Verkehrs einsetzen, damit dieser zuverlässig, sicher und erschwinglich wird. Stadtzentren müssen so umgestaltet werden, dass der Schwerpunkt auf dem Schienen- und Radverkehr liegt, wobei auch für diejenigen, die diese Möglichkeiten nicht nutzen können, gesorgt werden muss.

Baugewerbe

Das Baugewerbe ist für 11 % aller weltweiten Emissionen verantwortlich, da für die Herstellung und Instandhaltung von Gebäuden Materialien und Bauprozesse Kohlenstoff verwendet wird.

Der erste Schritt, den Regierungen unternehmen sollten, ist die Festlegung strenger Vorschriften zur Förderung hoher Umweltstandards im privaten Bausektor. Bei allen neuen Projekten sollten kohlenstoffarme, recycelte und lokale Baumaterialien verwendet, mit kohlenstoffarmen Energiequellen geheizt und mit energieeffizienter Beleuchtung beleuchtet werden. Dies sollten Vorschriften und nicht nur Ziele sein, die eine nachhaltigere Zukunft für diese derzeit stark umweltverschmutzende Branche vorantreiben.

Um sicherzustellen, dass öffentliche Gelder nur für nachhaltige, klimafreundliche Gebäude verwendet werden, sind neue Gesetze erforderlich, die eine kritische Bewertung der Klimaauswirkungen von Vorschlägen für staatlich finanzierte Bauprojekte vorschreiben. Diese Bewertung sollte als ausschlaggebender Faktor für die Erteilung einer Genehmigung gelten.

Landwirtschaft

Im Jahr 2016 haben die 20 größten Fleisch- und Molkereiunternehmen der Welt mehr Treibhausgase ausgestoßen als ganz Deutschland. Gleichzeitig ist die Landwirtschaft der größte Verursacher des weltweiten Verlusts an biologischer Vielfalt. Im brasilianischen Amazonasgebiet wird durch Viehzucht mehr Wald abgeholzt als durch alle anderen Wirtschaftszweige zusammen. Die Expansion der Landwirtschaft in Brasilien wird auch mit Landraub, der Ausbreitung von Krankheiten und Gewalt gegen lokale und indigene Gemeinschaften in Verbindung gebracht.

Eine Reform der Lebensmittelproduktionssysteme und eine Anpassung der Ernährungsgewohnheiten von Verbraucher*innen sind notwendig, um diese übermäßigen Emissionen zu reduzieren. Ökologische, biodiversitätsfreundliche Ansätze müssen in die landwirtschaftliche Bewirtschaftung integriert werden und dazu beitragen, die dreifache Krise der globalen Erwärmung, des Verlusts der biologischen Vielfalt und der Menschenrechtsverletzungen im Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Expansion zu bewältigen. Eine Umstellung auf eine ethischere und nachhaltigere Landwirtschaft kann dazu beitragen, dass diese Missstände für die betroffenen Gemeinschaften ein Ende haben und alle Menschen sich gesund ernähren können.

Diejenigen, die sich vegetarisch oder vegan ernähren können, sollten zu dieser Entscheidung ermutigt werden, insbesondere in wohlhabenden Ländern. Der Verzicht auf Fleisch und Milchprodukte kann unseren individuellen Kohlenstoff-Fußabdruck durch Lebensmittel um 73 % verringern. Die Regierungen müssen bei der Erstellung und Verbreitung von leicht zugänglichen Informationen über die gesundheitlichen und ökologischen Vorteile dieser Ernährungsweisen eine Führungsrolle übernehmen.

Textilien

Für die Herstellung einer Tonne Textilien werden zwischen 15 und 35 Tonnen CO2 benötigt. Insgesamt pumpt die Textilindustrie jedes Jahr zwischen 1,22 und 2,93 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre.

Die Nachfrage steigt: Europäer*innen „verbrauchen“ inzwischen durchschnittlich 31 kg Textilien pro Person und Jahr. Die Industrie verschmutzt nicht nur die Atmosphäre, sondern steht häufig auch mit Kinderarbeit und Zwangsarbeit in Verbindung und verursacht riesige Mengen an Abfall.

Baumwolle verursacht jedes Jahr 220 Millionen Tonnen CO2 und verbraucht 8,2 Millionen Tonnen Pestizide und synthetische Düngemittel. Die Umstellung auf Bio-Baumwolle ist ein entscheidender Teil der Lösung, der uns Menschen und unserer Erde zugute kommt.

Regierungen müssen Anreize schaffen, um nachhaltige und ethische Mode zu fördern, insbesondere durch den verstärkten Einsatz von Bio-Baumwolle. Sie sollten ihre Macht nutzen, um den Einzelhandel dazu zu bewegen, umweltschädliche Textilien zu verbannen und den Übergang zu einer grünen, nachhaltigen Kreislaufwirtschaft einzuleiten. Dies könnte durch das Angebot von Textilrecycling in Geschäften und durch Anreize für Kund*innen, nachhaltige Produkte zu kaufen, geschehen.

Insgesamt haben diese vier Sektoren einen massiven Einfluss auf die Klimakrise. Ein gerechtes, umsichtiges Management könnte sie zu entscheidenden Pfeilern einer florierenden, nachhaltigen Wirtschaft entwickeln, die wichtige „grüne“ Arbeitsplätze schafft und unsere Erde schützt. Wenn wir sie jetzt reformieren, können wir schnell Fortschritte auf dem Weg zu einer sichereren, nachhaltigen Welt für uns alle machen.