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Weiter in Richtung Klimakatastrophe: Kein Aus für fossile Brennstoffe auf der COP27
Nov. 23, 2022

Weiter in Richtung Klimakatastrophe: Kein Aus für fossile Brennstoffe auf der COP27

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Der diesjährige Weltklimagipfel ist vorbei – was von ihm übrig bleibt, sind Versprechen und Zusagen für mehr Klimagerechtigkeit, auf die unbedingt Handlungen folgen müssen. Eine komplette, globale Abkehr von den fossilen Brennstoffen, die dringend notwendig ist, um unser Weltklima zu stabilisieren und Menschenrechte weltweit zu schützen, scheint auch nach der Konferenz ein weit entfernter Wunsch zu bleiben. Auch wenn das Ergebnis der zweiwöchigen Verhandlungen ernüchternd ist, müssen Regierungen sie als Anstoß nutzen, um ambitioniertere Klimaschutzmaßnahmen zu ergreifen.

Das 1,5-Grad-Klimaziel, das auf der COP21 in Paris beschlossen wurde, scheint nach sieben Jahren in weite Ferne gerückt zu sein – stattdessen steuern wir auf eine fast drei Grad heißere Welt zu. Die aktuellen Maßnahmen keiner einzigen Nation weltweit reichen aus, um die Erdüberhitzung unter der wichtigen 1,5-Grad-Marke zu halten.

Besonders die Länder des Globalen Nordens sollten hierbei mutig vorangehen, um wirkliche bzw. echte Null-Emissionen („Real Zero“) bis 2035 zu erreichen und finanzielle Mittel für die Anpassung an die Klimakrise und bereits entstandene klimabedingte Verluste und Schäden bereitstellen. Doch sie zögern – und obwohl mittlerweile klar sein sollte, wie ernst die Lage ist, konnten die Verhandlungen der COP27 nur wenige nennenswerte Fortschritte hervorbringen.

Finanzielle Mittel für Schäden und Verluste

Erstmals stand das Thema Schäden und Verluste auf der Agenda des Weltklimagipfels – ein wichtiger Durchbruch. Einige Länder machten bereits zu Beginn der Verhandlungen Zusagen über finanzielle Mittel für die Länder des Globalen Südens, die besonders verwundbar durch die Klimakrise sind. Auch Deutschland erklärte,170 Millionen Euro für einen Globalen Schutzschirm gegen Klimarisiken bereitzustellen – eine Initiative, die im Ernstfall dafür sorgen soll, schnell Gelder für von Naturkatastrophen betroffene Regionen freizumachen.

Diese geringe Summe Deutschlands ist leider nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung und nicht ausreichend, um der deutschen Verantwortung als Mitverursacher der Klimakrise gerecht zu werden. Darüber hinaus kann der „Global Shield“ auch nur als Einzelinitiative bewertet werden und ist nicht geeignet, um den von Schwellen- und Entwicklungsländern geforderten Finanzierungsmechanismus zu ersetzen. Zudem deckt er primär Versicherungs-Ansätze ab, es braucht aber auch für nicht-ökonomische Verluste, wie beispielsweise kulturelle Verluste, eine Kompensation und Maßnahmen.

In der Abschlusserklärung der COP27 finden sich deutlich größere Fortschritte: Sie enthält einen Fonds für Klimaschäden, welcher die unvermeidlichen Folgen der Erdüberhitzung, wie etwa immer häufiger werdende Dürren, Überschwemmungen und Stürme, abfedern soll. Dieser Beschluss ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung, doch genauere Zusagen über Summen und Staaten, die diesen Fonds finanzieren sollen, blieben aus. Zudem schafft die Tatsache, dass die von den Industriestaaten zugesagte Summe von 100 Milliarden Euro für Klimaschutz und -anpassung bislang ausblieb, Raum für entsprechend angebrachtes Misstrauen.

Kein Aus für fossile Brennstoffe

Schon zu Beginn der Konferenz versprach Bundeskanzler Olaf Scholz das Aus für fossile Brennstoffe. Darauf folgten Ankündigungen einiger Partnerschaften, wie die 500 Millionen Dollar umfassende Partnerschaft der USA und Deutschlands mit Ägypten zum Ausbau der erneuerbaren Energien oder die Klima- und Entwicklungspartnerschaft zwischen Deutschland und Kenia, welche eine komplette erneuerbare Stromversorgung Kenias bis 2030 ermöglichen soll.

Diese und weitere Initiativen, die die globale Zusammenarbeit stärken und die weltweite Energiewende vorantreiben sollen, sind wichtig für ein stabiles Weltklima. Allerdings scheint es dem Bundeskanzler mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen leider nicht ernst genug zu sein: Statt eine Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz einzunehmen, finanziert Deutschland neue Gasfelder im Senegal und unterstützt ägyptische Gasexporte nach Europa. Dabei verfügt Afrika über 39 % des weltweiten Potenzials für erneuerbare Energien, die effektiv gefördert werden sollten, anstatt neue fossile Projekte zu starten, die die Menschen und die Natur vor Ort sowie unser Weltklima und damit uns alle gefährden.

Eine klare gemeinsame Absage an fossile Energien sucht man in der Abschlusserklärung der rund 200 Staaten vergeblich. Der frühere Beschluss, die Verbrennung klimaschädlicher Kohle herunterzufahren, wird zwar bekräftigt, doch das allein reicht bei weitem nicht aus, um den Kampf gegen die Klimakrise zu gewinnen. Jede Chance auf echte globale Klimagerechtigkeit wird zunichtegemacht, wenn wir es nicht schaffen, die Erdüberhitzung einzudämmen – dafür ist es zentral, dass wir unsere Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen beenden, sowohl in Deutschland, als auch auf der ganzen Welt.

Menschen oder Profit?

Noch bevor die COP27 begann, hieß es, dass die diesjährige UN-Klimakonferenz dazu dienen soll, konkrete Ziele und Maßnahmen festzulegen. Das Fazit ist trotzdem ernüchternd: Wieder einmal wurde verfehlt, den Weltklimagipfel zu nutzen, um wirklich wirksame, effektive globale Klimaschutzmaßnahmen einzuleiten.

„Die Einigung auf einen Fonds für Verluste und Schäden auf der COP27 ist wichtig, doch das Versäumnis des dringend notwendigen Ausstiegs aus Kohle, Öl und Gas bringt unsere Welt an den Rand einer globalen Katastrophe“, so Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation. „Ohne weitaus ambitioniertere und schnellere Maßnahmen gibt es keine Hoffnung, das 1,5-Grad-Klimaziel einzuhalten. Das ist ein Todesurteil für Millionen von Menschen.“

Viele der wichtigsten, lebenserhaltenden Ökosysteme unserer Erde stehen vor irreversiblen Kipppunkten: das Weltklima droht zu kollabieren; Menschen verlieren weltweit ihre Heimat, die grundlegenden Rechte von Milliarden sind bedroht – und dennoch schenken unsere Entscheidungsträger*innen den großen Konzernen und ihrer Profitgier in Klimagesprächen mehr Gehör als den Menschen, die heute schon unter den schlimmsten Auswirkungen der Klimakrise leiden. Wir brauchen einen grundlegenden Systemwandel und ambitioniertes, schnelles politisches Handeln, das das Wohl der gesamten Menschheit endlich vor die wirtschaftlichen Interessen einiger Weniger stellt. Fest steht: eine weitere Klimakonferenz, die die weltweite Abhängigkeit von Kohle, Öl und Gas nicht geschlossen beendet, darf es so nicht mehr geben.