G7-Gipfel: Keine zweite Chance für Klimaschutz
Um einen bewohnbaren Planeten zu gewährleisten, müssen die einflussreichsten Mächte Verantwortung übernehmen – und wir können uns keine Verzögerungen leisten.
Im Oktober 2021 entfiel auf die G7-Staaten - Kanada, Deutschland, Frankreich, Italien, Japan, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten – ein Viertel der weltweiten Kohlenstoffemissionen und fast 40 % der Weltwirtschaft. Als einige der wohlhabendsten und einflussreichsten Mächte der Welt haben diese Nationen sowohl eine klare Chance als auch eine wesentliche Verantwortung, die zunehmend negativen Auswirkungen der Klimakrise zu erkennen – und sie müssen mit ihren Maßnahmen dagegen vorgehen, und zwar sofort.
Staaten haben die einzigartige Möglichkeit, ihre Steuer- und Finanzpolitik zu nutzen, um den Übergang zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Nur wenige haben in dieser Hinsicht so viel Handlungsspielraum wie die G7-Staaten. Vom Ausbau erneuerbarer Energien auf nationaler Ebene bis hin zur Förderung des öffentlichen Personennahverkehrs – jede Maßnahme zur Senkung der Kohlendioxidemissionen benötigt die Unterstützung der gesamten Regierung des jeweiligen Landes, um möglichst effektiv zu sein.
Auf der COP26 verpflichteten sich die G7-Staaten, alle „ineffizienten“ Subventionen für fossile Brennstoffe bis 2025 einzustellen. Allerdings beschleunigen sämtliche fossilen Energieträger die Klimakrise. Daher stellt sich offensichtlich die Frage, inwiefern man die Verwendung öffentlicher Gelder generell als „effizient“ bezeichnen kann.
Ein wirtschaftliches Umfeld zu schaffen, das Anreize für Emissionssenkungen setzt, wird von Gegner*innen ernsthafter Klimaschutzmaßnahmen oft als „Kostenfaktor“ dargestellt – doch nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. In Großbritannien hat die Kürzung von Maßnahmen zur Förderung umweltfreundlicher Energien die Energierechnungen um Milliardenbeträge erhöht, und in Deutschland werden jedes Jahr 65,4 Milliarden Euro für umweltschädliche Subventionen ausgegeben.
Klimaschutzmaßnahmen sind keine Kosten, sondern die beste Investition, die wir tätigen können.
Weltweit waren erneuerbare Energien noch nie so effektiv und erschwinglich wie heute: Die Kosten für den Umstieg von Kohle auf Erneuerbare sind seit 2010 um 99 % gesunken. Parallel dazu prognostizieren die Vereinten Nationen, dass der Umstieg auf erneuerbare Energien und kohlenstoffarme Volkswirtschaften Billionen von Dollar wert sein könnte. Hinzu kommt das nicht quantifizierbare, aber grundlegende Problem des großen menschlichen Leids, das die Klimakrise verursachen wird.
Ein stabiles Klima, Ernährungssicherheit, saubere Luft und sauberes Wasser, sogar eine bessere öffentliche Gesundheit – das Ende des Zeitalters fossiler Energien hat eine Vielzahl an positiven Folgen für uns alle. Das Ausmaß, in dem diese erreicht werden können, hängt jedoch davon ab, wie schnell und in welchem Umfang wir unsere Emissionen reduzieren.
Die Vereinten Nationen erklärten 2019, dass wir unsere Emissionen um 7,6 % senken müssen, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Abkommens zu halten. Große Reden, die „Netto-Null-Emissionen“ bis 2050 versprechen und nicht vorhandene „Wundertechnologien“ versprechen, werden nicht funktionieren – sie untergraben stattdessen sinnvolle Klimaschutzmaßnahmen, indem sie umweltschädlichen Unternehmen einen Freifahrtschein ausstellen.
Auf dem bevorstehenden G7-Treffen im Juni, das von Deutschland ausgerichtet wird, müssen sich die Mitglieder zu besseren, schnelleren und stärkeren Klimaschutzmaßnahmen für eine nachhaltigere Zukunft für uns alle verpflichten. Sie müssen auch die Tatsache anerkennen, dass sie in der Vergangenheit von einer kohlenstoffintensiven Wirtschaft profitiert haben und dass ihre übermäßigen Emissionen die Klimaungerechtigkeit rund um den Globus verschärfen.
Die Länder, die am wenigsten zur Klimakrise beigetragen haben, sind fast ausnahmslos diejenigen, die die schlimmsten Auswirkungen zu spüren bekommen: 99 % aller Todesfälle durch wetterbedingte Katastrophen ereignen sich in den 50 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt – Länder, die weniger als 1 % der weltweiten Kohlenstoffemissionen verursacht haben. Diejenigen, die überleben, sind oft gezwungen, ihre Heimat zu verlassen. Seit 2008 werden jede Minute 41 Menschen durch die Klimakrise aus ihrer Heimat vertrieben.
Die Klimakrise löst eine menschliche Tragödie von unvorstellbaren Ausmaß aus – und wir wissen, welche Unternehmen, Regierungen und führenden Politiker*innen der Welt dafür verantwortlich sind. Die G7 können und müssen auf starke, rechtlich verbindliche Ziele für entschlossene Klimaschutzmaßnahmen drängen und diejenigen zur Rechenschaft ziehen, die es versäumen zu handeln. Es ist auch klar, dass wohlhabende Nationen umfangreiche Mittel für die Anpassung an den Klimawandel sowie für Fonds für Verluste und Schäden bereitstellen können und müssen, um diejenigen zu entschädigen, die bereits von der Klimakrise betroffen sind.
Aber es gibt einige Veränderungen, an die wir uns einfach nicht anpassen können. (...)
Wir können und dürfen nicht länger zögern. Allein in den letzten Wochen gab es verheerende Überschwemmungen mit Hunderten von Toten in Südafrika, die sechste große Überschwemmung innerhalb weniger Monate in Queensland, Australien, und eine Hitzewelle, bei der mehr als eine Milliarde Menschen in Indien und Pakistan gefährlich hohen Temperaturen ausgesetzt waren – und all das wird so weitergehen.
Wenn wir einen bewohnbaren, nachhaltigen Planeten wollen, ist der wichtigste Schritt, die Klimakrise durch einen raschen Übergang zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft zu entschärfen und gleichzeitig den bereits in der Atmosphäre vorhandenen Kohlenstoff durch die Wiederherstellung kohlenstoffreicher natürlicher Ökosysteme zu reduzieren.
Als die Länder mit der größten Macht und Verantwortung dürfen die G7-Staaten ihre Chance nicht verpassen, diesen Prozess während ihres Treffens im Juni ernsthaft einzuleiten – dieses bietet eine Gelegenheit für entschlossene Klimaschutzmaßnahmen, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen.
Dieser Artikel erschien im Original bei Politico und wird hier mit Erlaubnis leicht gekürzt erneut veröffentlicht.
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