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Sept. 07, 2021

Wer Klimaschutz behindert, hat Blut an den Händen

Von Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation

Die Brände rund um die Mittelmeerregion und die extremen Temperaturen zeigen: Ein tiefgreifender Wandel ist jetzt unbedingt nötig.

Die Brände, die derzeit eine Spur von Tod und Zerstörung an den Küsten des Mittelmeers hinterlassen, sind nur ein Ausblick darauf, was uns bevorsteht, wenn wir nicht viel schneller und ehrgeiziger handeln, um die globale Erwärmung zu bekämpfen. Dennoch beklagen einige händeringend die Kosten des Klimaschutzes und verkennen dabei, dass das ein sofortiges Handeln die größte Kosteneinsparung in der Menschheitsgeschichte bedeuten würde.

Wenn unsere Staats- und Regierungsvertretenden die gleichen falschen Berechnungen anstellen und sich so bei den Klimagesprächen in Glasgow nicht für Klimaschutz einsetzen, werden sie künftige Generationen in eine Welt schicken, die in weiten Teilen unbewohnbar ist, und sie dazu verdammen, Kriege um Nahrung und Wasser zu führen.

In den letzten Tagen und Wochen haben Waldbrände in Algerien, Griechenland, Italien, der Türkei und in Frankreich Menschenleben gefordert, Häuser zerstört und Tiere bei lebendigem Leib verbrennen lassen. Die „höllische“ Hitze erreichte ihren Höhepunkt in Sizilien mit unerträglichen 48,8 Grad Celsius – möglicherweise die höchste jemals in Europa gemessene Temperatur. Und das kurz nach den dramatischen Überschwemmungen in Österreich, Belgien und Deutschland.

All dies steht in einem globalen Zusammenhang. Vor der extremen Hitze, den Bränden und Überschwemmungen in Europa gab es bereits rekordverdächtige Brände in den USA, Australien und Kanada. Lange bevor die Klimakrise vor den Türen der reichen Industrienationen stand, waren und sind die ärmsten und verwundbarsten Menschen, die am wenigsten zur Erwärmung des Planeten beigetragen haben, am stärksten von ihr betroffen.

Seit Jahrzehnten und unter weitestgehender Ignoranz des globalen Nordens haben die Länder des globalen Südens die größten Auswirkungen des Klimakollaps zu spüren bekommen – eine große Ungerechtigkeit. Denn 99 % aller Todesfälle durch wetterbedingte Katastrophen ereignen sich in den 50 am wenigsten entwickelten Ländern der Welt – Ländern, die weniger als 1 % der weltweiten CO2-Emissionen verursachen.

Der neueste, kürzlich veröffentliche Bericht des Weltklimarates (IPCC) warnt davor, dass die Erde bis 2030 die besorgniserregende Temperaturschwelle von 1,5 °C überschreiten wird – 10 Jahre früher als bisher angenommen. Und ein Blick auf die Mittelmeerregion zurzeit führt uns vor Augen, welche Auswirkungen bereits 1 °C haben.

Rückschritte

Die Wissenschaft ist sich einig. Alle Fakten liegen auf dem Tisch. Die Zeit zum Handeln ist jetzt. Die UN-Weltklimakonferenz COP26 in Glasgow ist unsere Chance.

Es gibt immer noch einige, die zur Zurückhaltung aufrufen. Die auf die Kosten des Klimaschutzes verweisen. Aber ihre Rechnung geht nicht auf. Sie verfolgen kurzfristige Interessen, die längerfristig die gesamte Wirtschaft destabilisieren und gefährden.

Die Anfangsinvestitionen, die wir tätigen müssen, sind zweifellos mit hohen Summen verbunden. (...) Doch wir sollten nicht auf die Panikmache hereinfallen, sondern das Gesamtbild betrachten. Denn Investitionen in den Klimaschutz bringen vielfältige Vorteile:

  • Wenn wir jetzt investieren, vermeiden wir enorme Kosten, nicht nur für künftig zu bezahlende Schäden und Zerstörungen durch extreme Wetterereignisse, sondern auch für die notwendigen Anpassungen an ein drastisch verändertes Klima.
  • Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) geht davon aus, dass, vor allem aufgrund des wirtschaftlichen Nutzens der Vermeidung von Klimaschäden wie Überschwemmungen, Dürren und extremen Wetterereignissen, das Bruttoinlandsprodukt der G20-Länder bis 2050 um fast 5 % steigen könnte, wenn ein umfassender Strukturwandel zur Bewältigung der Klimakrise angestrebt wird.
  • Der Übergang zu einer „grünen“, ökologischen Wirtschaft würde zu einem neubelebten Arbeitsmarkt führen. (...) Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Investitionen in saubere Energie im Vergleich zu Investitionen in fossile Brennstoffe zwei- bis dreimal so viele Arbeitsplätze schaffen könnten.

Gerechtigkeit

Ich habe mich hier bewusst mit wirtschaftlichen Argumenten auseinandergesetzt, da sie oft von Klimaschutzgegner*innen angeführt werden, die sich ihre eigenen kurzfristigen Gewinne sichern wollen, und so Fehlvorstellungen hervorrufen. Es ist aber auch wichtig zu betonen, dass der Übergang zur Nachhaltigkeit nicht nur wirtschaftliche Vorteile bringt.

Wenn wir jetzt handeln, können wir zahllose Leben retten und unsägliches Elend verhindern. Wir werden unseren Enkelkindern eine sichere und florierende Welt hinterlassen und wir werden unser Verhältnis zur Natur neu erfinden, was uns glücklicher und gesünder machen wird.

Wir müssen einen gesamtstaatlichen, gesamtwirtschaftlichen und systemübergreifenden Ansatz verfolgen und dabei klare Zusprüche an benachteiligte Gemeinschaften machen, damit diese ihren gerechten Anteil an den Vorteilen erhalten, die unsere Kehrtwende zur Nachhaltigkeit mit sich bringen wird.

Es ist peinlich, dass wir als Industrienationen die Klimakrise erst jetzt, wo unsere eigenen Straßen überschwemmt und unsere eigenen Häuser niedergebrannt sind, ernst nehmen. Aber wenn wir heute ehrgeizige Maßnahmen ergreifen, haben wir noch eine Chance auf eine gerechte, nachhaltige Welt.

Unsere Abgeordneten sollten bei der Vorbereitung auf die Klimagespräche in Glasgow im Hinterkopf behalten, dass sie nun eine Chance haben, in die Geschichte einzugehen. Schließlich steht die Zukunft der Menschheit auf dem Spiel. Der entscheidende Zeitpunkt ist jetzt da.

Dieser Kommentar erschien ursprünglich bei Ecohustler und wird hier mit Erlaubnis erneut veröffentlicht.