Menschenrechtsverletzungen in Brasiliens Viehzuchtindustrie reichen bis in EU-Lieferketten
Sklavenarbeit und Umweltzerstörung sind in Brasiliens Viehzuchtindustrie weit verbreitet, so ein neuer EJF-Bericht. Intransparente Lieferketten und fehlende Kontrollen führen dazu, dass Produkte aus Zwangsarbeit ungehindert auf EU-Märkte gelangen können – so auch nach Deutschland, wichtiger Handelspartner und Großimporteur von Erzeugnissen aus der Viehzuchtindustrie Brasiliens.
Arbeitsmissbrauch hat in Brasiliens Viehzuchtindustrie eine lange Geschichte. In den vergangenen 30 Jahren war der Sektor für den höchsten Anteil (46 %) an Fällen von Sklavenarbeit im Land verantwortlich. Ein neuer Bericht der EJF legt Zusammenhänge von Umweltzerstörung und einem systematischen Missbrauch von Arbeitskräften im größten Exportland von Rinderzucht-Erzeugnissen in die EU offen. Fokus der Untersuchung liegt auf dem Pantanal, einem Feuchtgebiet von globaler Bedeutung. Die Viehzucht, wichtigster Wirtschaftszweig im Pantanal, ist nicht nur eine Gefahr für die biologische Vielfalt, sie ist auch eine Brutstätte für Sklaverei.
Seit 2003 führt Brasiliens Regierung eine sog. „Schmutzige Liste“ mit Arbeitgebern, denen sklavereiähnliche Arbeitsbedingungen nachgewiesen wurden. Zwischen 2017 und 2023 verzeichnete die Liste 31 Betreiber von Rinderfarmen aus den Bundesstaaten Mato Grosso und Mato Grosso do Sul, davon 18 im Pantanal. Der EJF-Bericht zeigt in diesem Zeitraum Handelsbeziehungen zwischen 11 dieser Unternehmen und dem Fleischkonzern JBS auf.
Zwei der Rinderfarmen, die seit 2017 auf der „Schmutzigen Liste“ stehen, sind für den Export in die EU zugelassen, was dringend vermuten lässt, dass Rindfleisch und andere Viehzucht-Produkte aus Standorten, die nachweislich Sklavenarbeit einsetzen, nach Europa geliefert wurden.
Arbeiter*innen, die aus der Zwangsarbeit befreit wurden, beschreiben die systematische Ausbeutung von Arbeitskräften als „üblich“ in der Pantanal-Region. Da es kaum staatliche Kontrollen gibt, dürften viele Fälle unentdeckt bleiben. Intransparente Lieferketten verschärfen zudem die Lage. Produkte von indirekten Zulieferern, bei denen Arbeitsmissbrauch vorliegt, werden in zugelassenen Einrichtungen entlang der Lieferkette „reingewaschen“. Dadurch können diese Erzeugnisse bis in die EU gelangen.
Im Jahr 2022 importierte die Europäische Union 162.748 Tonnen Rindererzeugnisse aus Brasilien, was 21,5 % der Gesamteinfuhren im Wert von 757,2 Millionen Euro entspricht. Italien, die Niederlande, Spanien und Deutschland bezogen zusammen 92,8 % der EU-Einfuhren aus den JBS-Schlachthöfen in Mato Grosso und Mato Grosso do Sul. Entsprechend hoch ist das Risiko, dass Produkte, die mit Menschenrechtsverletzungen in Verbindung stehen, auch nach Deutschland importiert wurden und auch weiterhin gelangen.
Der EJF-Bericht legt dar, inwiefern eine strikte europäische Verordnung zum Verbot von Produkten aus Zwangsarbeit sowie die EU-Lieferkettenrichtlinie (CSDDD) dazu beitragen können, diese Missstände zu beenden.
„Die EU hat die Chance, eine starke Verordnung gegen Zwangsarbeit zu verabschieden und durchzusetzen – sie muss diese Gelegenheit und ihren Einfluss als größter Handelsblock der Welt nutzen, um echte Veränderung herbeizuführen“, so Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer der Environmental Justice Foundation.
„Wir brauchen Transparenz, um Menschenrechts- und Umweltverstöße aus europäischen Wertschöpfungsketten zu verbannen. Zwei Schlüsselelemente der EU-Verordnung sollten Marktverbote für Produktgruppen sein, die mit systematischer Zwangsarbeit in Verbindung stehen, sowie die Aufnahme eines strukturierten Dialogs mit betroffenen Drittländern, um deren Arbeitsstandards zu verbessern.“
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