Weltgrößtes Feuchtgebiet verschwindet – noch kann die EU es verhindern
Das Pantanal ist das größte tropische Feuchtgebiet der Welt. Es beheimatet eine Vielfalt an Wildtieren und ist eine wichtige Kohlenstoffsenke, die zur Regulierung des Weltklimas beiträgt – und es ist akut in Gefahr, wie ein neuer Bericht der Environmental Justice Foundation zeigt.
Die EU kann dazu beitragen, das Pantanal zu schützen, indem sie das Mercosur-Handelsabkommen solange ablehnt, bis nicht alle Beteiligten konkrete und wirksame Instrumente und Maßnahmen zum Schutz klimakritischer Ökosysteme und der Menschenrechte ergreifen. Zudem muss die EU ein neues starkes Gesetz vorlegen, das Importe, die in Zusammenhang mit Entwaldung stehen, verbietet.
Über 12 % der Waldfläche des Pantanals sind durch die Ausweitung landwirtschaftlicher Aktivitäten, vor allem für die industrielle Rinderzucht, verloren gegangen. Zwischen 1985 und 2018 hat sich die Weidefläche für Rinder in dem Gebiet um 210 % vergrößert. Illegale Rodungen – oft durch vorsätzlich gelegte Brände – haben seit Beginn der Amtszeit von Brasiliens Präsident Bolsonaro rasant zugenommen und sich in den ersten sechs Monaten im Jahr 2020 mehr als verdoppelt.
Die Brände im vergangenen Jahr waren die verheerendsten, die jemals aufgezeichnet wurden: Über 38.000 Quadratkilometer verbrannten – eine Fläche, die größer ist als Belgien. Hält die aktuelle Zerstörungsrate weiter an, wird das Pantanal als Ökosystem bis 2050 verschwinden, warnt der neue EJF-Bericht.
Weniger als fünf Prozent geschützt
Das Pantanal erstreckt sich über 17 Millionen Hektar und ist das Zuhause vieler einzigartiger Tiere, darunter Jaguare, gefährdete Riesenotter und der größte Papagei der Welt, der Hyazinth-Ara. Der wassergesättigte Boden des Pantanals ist ein wichtiger Kohlenstoffspeicher. Das Pantanal wurde von der UNESCO zur weltweit wichtigen Biosphäre ernannt und als Ramsar-Feuchtgebiet von internationaler Bedeutung ausgewiesen.
Allerdings können diese internationalen Auszeichnungen allein es nicht ausreichend schützen: Weniger als 5 % des Pantanals stehen unter Schutz. Der Rest des Gebietes ist in Privatbesitz, von dem der Großteil für Viehweiden genutzt wird.
Gleichzeitig stellt die Klimakrise eine weitere Bedrohung für das Pantanal dar. Im Jahr 2020 war der Niederschlag von Januar bis Mai um 50 % niedriger als im Durchschnitt. Dies macht extreme Waldbrand-Perioden wahrscheinlicher und riskiert die Funktion des Feuchtgebiets als wertvolle Kohlenstoffsenke.
Indigene Völker verlieren ihr Land
Schätzungsweise 1,2 Millionen Menschen leben derzeit im Pantanal, darunter mehrere indigene Gruppen. Die verheerenden Brände haben sämtliche indigenen Territorien im Pantanal in Mitleidenschaft gezogen. Das Land des indigenen Volkes der Guató war mit am schlimmsten betroffen: sie verloren 2020 rund 90 % ihres Gebietes.
EU-Importe heizen Zerstörung weiter an
Brasilien ist der größte Einzelexporteur von Agrargütern in die Europäische Union. Gleichzeitig ist die EU der größte ausländische Direktinvestor in die brasilianische Wirtschaft. Bis zu einem Fünftel der EU-Sojaimporte und 17 % der Rindfleischimporte aus Brasilien können mit Entwaldung in ökologisch wertvollen Gebieten in Verbindung gebracht werden. Studien zeigen auch, dass Deutschland zu den größten europäischen Konsumenten von Waren zählt, die mit illegaler Waldzerstörung in Übersee in Verbindung stehen.
Die EU ist für 10 % der weltweiten Entwaldung verantwortlich. Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen daher umgehend ihr Import-, Investitions- und Konsumverhalten anpassen, um Ökosysteme wie das Pantanal zu schützen. Ein Handelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Handelsblock Mercosur, der Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay und 295 Millionen Verbraucher*innen umfasst , wird weiterhin geprüft und kontrovers diskutiert. In seiner jetzigen Form würde das Abkommen den Handel mit Produkten, die eindeutig mit der Zerstörung von Wäldern in Verbindung stehen, fördern – so etwa bei Soja und Rindfleisch.
Während das Mercosur-Abkommen verspricht, auf die Ziele des Pariser Abkommens und der nachhaltigen Entwicklungsziele hinzuarbeiten, fehlt es derzeit an einer effektiven Methode, um genau das durchzusetzen. Das Abkommen könnte daher die Zerstörung von Ökosystemen auf gefährliche Weise beschleunigen und sollte in seiner jetzigen Form abgelehnt werden.
EU kann Entwaldung einen Riegel vorschieben
Die Europäische Kommission diskutiert derzeit über eine neue Verordnung, die Produkte, die mit Entwaldung in Verbindung stehen, möglicherweise vom gemeinsamen Markt verbannen würde. Wenn diese Gesetzgebung vereinbart würde und sowohl gut konzipiert als auch effektiv wäre, könnte sie ein Schlüsselinstrument sein, um unersetzliche Ökosysteme wie das Pantanal zu schützen. Die Gesetzesinitiative zur Sorgfaltspflicht und dem Schutz der internationalen Wälder wird für Mitte 2021 erwartet.
Eine Handvoll Unternehmen ist für das Risiko verantwortlich, dass Produkte, die mit Waldzerstörung in Zusammenhang stehen, in brasilianischen Lieferketten landen. In gewisser Weise ist das eine gute Nachricht, denn die EU könnte diese Produzent*innen identifizieren und ihnen den Zugang zum EU-Markt verweigern, wenn sie keine Maßnahmen ergreifen.
Nicht zuletzt hat Deutschland noch die Chance seiner Führungsrolle in der EU gerecht zu werden. Es ist entscheidend, dass sich der Bundestag für ein stärkeres Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten einsetzt, das unter anderem umweltbezogene Sorgfaltspflichten und eine zivilrechtliche Haftungsregel beinhaltet, die gesamte Lieferkette betrachtet und das nicht hinter den weitreichenderen Ambitionen der EU zur Rechenschaftspflicht von Unternehmen zurückbleibt.
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