37 Millionen Tonnen und damit rund 40 % des weltweiten Fischfangs stammen aus der traditionellen Küstenfischerei. 492 Millionen Menschen sind zumindest teilweise von ihr abhängig, um ihr Einkommen zu sichern. Sie ist eine lebenswichtige Nahrungsquelle für rund eine Milliarde Menschen, von denen viele in Ländern des sogenannten Globalen Südens leben.
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) schätzt, dass 35 % der Fischereien überfischt sind. Die Küstenfischerei ist dadurch unmittelbar gefährdet. Die illegale, nicht gemeldete und unregulierte (IUU-)Fischerei trägt erheblich dazu bei und schadet vor allem einigen der ärmsten Länder der Welt. Überfischung und der Zusammenbruch von Fischpopulationen sind die Folge. Ein wirksamer Schutz der Meeresfauna und der Küstengemeinden ist daher dringend erforderlich.
TOOLKIT FÜR NACHHALTIGEN WANDEL
Seit mehr als zehn Jahren unterstützt EJF Küstengemeinden in Ghana, Liberia und im Senegal dabei, ihre Fischereien auf lokaler und nationaler Ebene zu verwalten und zu regulieren. Digitale Technologien zur Sammlung handfester Beweise für illegale Fischerei und Schulungen von Gemeindemitgliedern in ihrer Anwendung sind wertvolle Erfolge unserer Arbeit vor Ort. Gleichzeitig fördert EJF eine stärkere Beteiligung von Küstengemeinden und Kleinfischern an der politischen Entscheidungsfindung durch die Einrichtung lokaler und nationaler Organisationen.
Mit finanzieller Unterstützung der Europäischen Union entwickelt EJF ein globales Toolkit, mit dem diese bewährten Ansätze für ein effektives und gerechtes Fischereimanagement in weiteren Ländern des Globalen Südens umgesetzt werden können. Es hilft, die Reichweite der Arbeit von EJF zu vergrößern und Gemeinden vor Ort darin zu unterstützen, ihre Umwelt und ihre Lebensgrundlagen zu schützen.
DAS TOOLKIT
Das Toolkit basiert auf Schlüsselelementen unserer bisherigen Arbeit in Westafrika und enthält gezieltes Schulungsmaterial für Fischergemeinden. Es umfasst Vorlagen für wichtige technische Dokumente, den Zugang zur DASE-Smarpthone-App, praktische Ratschläge, Fallstudien und Filme. EJF-Expert*innen bieten Trainings und laufende Unterstützung an, sowohl online als auch durch Besuche in den Projektländern. Die genaue Umsetzung des Toolkits wird von den Gemeinden bestimmt, die es nutzen. Dies schafft eine globale Reichweite und ermöglicht gleichzeitig eine effektive lokale Anwendung.
Die drei zentralen Säulen des EU-finanzierten Projekts:
- Verbesserung der kommunalen Überwachung von industriellen Fischereifahrzeugen durch eine Smartphone-Anwendung;
- Förderung der gemeinschaftlichen Verwaltung der Fischereien durch die Entwicklung von sogenannten Co-Management-Associations (CMAs);
- Stärkung nationaler Organisationen als Vertretungsorgane handwerklicher Fischer.
VERBESSERUNG DER KOMMUNALEN ÜBERWACHUNG
In Ghana, Liberia und im Senegal ermöglicht die von EJF entwickelte Smartphone-App DASE den handwerklichen Fischergemeinden, illegale Aktivitäten auf See zu dokumentieren und die offiziellen Behörden zu alarmieren. Der Name der App „Dase“ bedeutet „Beweis“ in Fante, einer der am weitesten verbreiteten Sprachen in Ghana.
Wird ein Schiff beim illegalen Fischen oder bei der Beschädigung von Kanus oder Ausrüstung gesichtet, können Nutzer*innen der App ein Foto aufnehmen, auf dem der Name des Schiffes oder seine Identifikationsnummer zu sehen sind. Zudem kann sein Standort automatisch erfasst werden. Die App lädt den Bericht in eine zentrale Datenbank hoch, in der die Informationen von den zuständigen Stellen innerhalb der jeweiligen Landesregierung genutzt werden können, um die Verantwortlichen zu ermitteln und eine Strafverfolgung einzuleiten.
Allein im Senegal wurden mithilfe von DASE über 700 Meldungen durch lokale Fischer registriert. Kürzlich wurde die App angepasst und auf weitere Bereiche ausgeweitet, etwa um das Nistverhalten von Meeresschildkröten an lokalen Stränden zu überwachen und Informationen über den gezielten Fang von Haien zu sammeln.
Seit ihrer Einführung hat sich die Anwendung als eine kostengünstige und leicht zugängliche Technologie erwiesen. Sie bietet außerdem das Potenzial, Informationen über andere Probleme und Bedrohungen zu sammeln, denen Küstengemeinden ausgesetzt sind, wie zum Beispiel den Verlust von Mangrovenwäldern oder die negativen Auswirkungen der Ausbeutung natürlicher Lebensräume infolge der Gewinnung von Rohstoffen.
Illegale Fischerei bedroht die Ernährungssicherheit, den Lebensunterhalt der Küstengemeinden und ist dafür verantwortlich, dass der Regierung in Ghana Staatseinnahmen in Millionenhöhe entgehen. Die App sorgt dafür, dass traditionelle Kanufischer nicht länger zusehen müssen, wie industrielle Flotten illegal in ihren Gewässern fischen.
Nana Jojo Solomon, Vorstandsmitglied des Ghana National Canoe Fishermen Council
FÖRDERUNG DER GEMEINSCHAFTLICHEN VERWALTUNG
Im Rahmen des EU-Projekts wurde eine Vielzahl sogenannter Co-Management-Associations (CMAs) gegründet. Dabei handelt es sich um Gruppen von Gemeindemitgliedern in den teilnehmenden Küstenregionen, die in Partnerschaft mit der jeweiligen Landesregierung in einem demokratischen und partizipatorischen Prozess zusammenarbeiten, um ihre Fischereien gemeinsam zu verwalten.
In Liberia konnte durch die Gründung einer solchen Vereinigung ein Konflikt zwischen mehreren Gemeinden, die in gemeinsamen Fischgründen fischten, beigelegt werden. Parallel dazu hat die kommunale Überwachung in der Region zugenommen: Zahlreiche Fälle von illegaler Fischerei wurden aufgezeichnet und bei den Behörden gemeldet, wodurch die Verantwortlichen identifiziert und zur Rechenschaft gezogen werden konnten.
EJF-Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt: Co-Management-Associations stärken die Rolle von Küstengemeinden beim Fischereimanagement und geben ihnen mehr Mitspracherecht in der politischen Entscheidungsfindung. Zudem haben sie sich als wirksam erwiesen, um die Gleichstellung der Geschlechter innerhalb des Fischereisektors zu fördern: In Liberia leiten Frauen inzwischen die Hälfte aller CMAs, was ihre Beteiligung fördert und wichtige Erkenntnisse von Fischern, Verarbeiter*innen und Händler*innen liefert.
Mein größter Erfolg ist die Zusammenführung von zwei Gemeinden, die lange Zeit zerstritten waren. Durch die Co-Management-Association arbeiten sie jetzt als eine Einheit.
John Adam, Sekretär der CMA in Robertsport, Liberia
STÄRKUNG NATIONALER ORGANISATIONEN
Um die Dynamik und den Einfluss der einzelnen Co-Management-Associations zu stärken, unterstützt EJF nationale Organisationen, die den handwerklichen Fischereisektor vertreten. Dazu gehören die Liberia Artisanal Fishermen Association und der Ghana National Canoe Fishermen Council.
EJF berät diese Verbände, wie sie mit den nationalen Behörden zusammenarbeiten können, und bietet Schulungen zu Managementprozessen, Gleichstellung der Geschlechter, nachhaltigen Einkommensströmen und demokratischer Regierungsführung an.
Ähnlich wie die CMAs erhöhen nationale Organisationen das öffentliche Bewusstsein für lokale Herausforderungen und helfen dabei, diese an politische Entscheidungsträger*innen heranzutragen. Küstengemeinden erhalten dadurch mehr Mitspracherecht bei der Gestaltung der Fischerei auf nationaler Ebene, was letztendlich langfristige, nachhaltige Veränderungen in großem Maßstab ermöglicht.
EINE TRANSPARENTE & FAIRE ZUKUNFT
Meere bedecken 70 % unseres Planeten und sichern Nahrung und Einkommen für mehr als 3,5 Milliarden Menschen weltweit. Deshalb setzt sich die Environmental Justice Foundation (EJF) seit mehr als zwei Jahrzehnten für den Schutz der Weltmeere und ihre gerechte und nachhaltige Bewirtschaftung ein.
Das mit EU-Mitteln finanzierte globale Toolkit für eine partizipative Fischereipolitik kann einen wichtigen Beitrag zu einem gerechten Fischereimanagement leisten und sicherstellen, dass die Ernährungssicherheit und Lebensgrundlagen in Küstenregionen für heutige und zukünftige Generationen erhalten bleiben.
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