Um illegale Fischerei zu beenden, braucht es dringend mehr Transparenz
Intransparenz innerhalb des Fischereisektors bedroht unseren Ozean, unsere Umwelt und Wildtiere. Gleichzeitig stellt illegale Fischerei eine akute Bedrohung für die Menschenrechte dar. Wir brauchen dringend mehr Transparenz und strengere Regeln für Fischer*innen, um dagegen vorzugehen.
Ein Drittel der weltweiten Fischbestände ist überfischt. Die illegale, nicht gemeldete und unregulierte (IUU-)Fischerei dezimiert diese Bestände weiter und treibt die Ökosysteme der Meere an den Rand des Zusammenbruchs. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage nach günstigem Fisch und Meeresfrüchten bestehen. Skrupellose Betreiber*innen nutzen Menschenhandel und Sklaverei, um weiterhin Gewinne zu erzielen.
Dieser Teufelskreis aus Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen wird durch die undurchsichtigen Strukturen innerhalb der globalen Fischereiindustrie ermöglicht. Komplexe Lieferketten und fehlende Transparenz erschweren es, Schiffe und Akteur*innen, die in illegale Machenschaften verwickelt sind, zu identifizieren und festzustellen, wo illegal gefangener Fisch landet.
Da es sehr schwierig ist, illegale Aktivitäten auf See aufzudecken, ist das Risiko für Verbrecher*innen, von den Behörden gefasst und bestraft zu werden, gering. Es ist zwar möglich, die Verantwortlichen ausfindig zu machen. Doch wie eine unserer jüngsten Untersuchungen gezeigt hat, erfordert dies mühsame, monatelange Arbeit. Der einfachste und beste Weg hin zu einer tatsächlich nachhaltigen Fischerei besteht darin, die Transparenz weltweit systematisch zu erhöhen und Fischereivorschriften strikt durchzusetzen.
Mangelnde Transparenz lässt Schlupflöcher zu
Im Fall der chinesischen Fernfischereiflotte beweisen Schlupflöcher und Schwächen im Regelwerk sowie eine unzureichende Überwachung, dass mehr Transparenz im globalen Fischereimanagement dringend notwendig ist. China besitzt die größte Fernfischereiflotte der Welt und ist unseren Untersuchungen zufolge in schockierendem Ausmaß für illegale Fischerei und Menschenrechtsverletzungen verantwortlich – und das obwohl die Flotte einige Vorschriften des Ministeriums für Landwirtschaft und ländliche Angelegenheiten (MARA) durchsetzt.
Während das MARA den Großteil der Aktivitäten der Fernfischereiflotten beaufsichtigt, kümmern sich Provinz- und Kommunalregierungen und andere Institutionen darum, ihre Aktivitäten in der Praxis zu überwachen. Diese komplexe Befehlskette führt dazu, dass einige Tätigkeiten unkontrolliert bleiben. Darüber hinaus verbieten die derzeitigen Vorschriften der chinesischen Fernfischereiflotte nicht, Scheinfirmen in westafrikanischen Ländern zu gründen. Zudem gibt es Vorfälle, in denen chinesische Staatsbürger*innen im Ausland leben und mit Schiffen ohne Namen, Heimathafen und Papieren oder mit gestohlenen Identitäten fischen.
Den offiziellen IUU-Fischerei-Daten zufolge führt die MARA nur selten Untersuchungen zu Verstößen durch. Das zeigt, dass die chinesische Regierung Meldungen über IUU-Fischerei innerhalb ihrer Flotte selbst proaktiv überwachen und veröffentlichen muss. Unsere Ermittlungen haben ergeben, dass 89 % der IUU-Vorfälle von Schiffen der chinesischen Fernfischereiflotte begangen wurden und 72 % dieser Vorgänge von der MARA genehmigt wurden. Das ist ein klarer Beweis dafür, dass derzeitige Voraussetzungen für die Qualifikation von Fischereiunternehmen unzureichend sind und dringend neue Maßstäbe eingeführt werden müssen.
Unzureichende rechtliche Rahmen
In China müssen sowohl auf nationaler als auch auf Kommunalebene politische Maßnahmen ergriffen werden. Beispielsweise werden momentan Geldstrafen meist nur gegen Schiffsführer*innen verhängt, nicht jedoch gegen Unternehmen. Schiffsführer*innen können allerdings leicht ausgetauscht werden, sodass illegale Tätigkeiten fortgesetzt werden können. Die Regierung sollte zudem klare Kriterien aufstellen, nach welchen die Regierungen der einzelnen Provinzen die Höhe von Geldstrafen bemessen können.
Dies ist nur ein Beispiel von vielen – China braucht einen soliden nationalen Rechtsrahmen, um Reformen in der Politik und Vorschriften innerhalb der Provinzregionen voranzutreiben. Ein nationaler Rahmen muss darüber hinaus auch den internationalen Maßstäben für nachhaltige Fischerei und verantwortungsvolle Bewirtschaftung der Meere entsprechen. Durch diese konkreten, unkomplizierten Schritte kann China den Weg zu einer nachhaltigeren Fischereiindustrie einschlagen.
Internationale Zusammenarbeit für nachhaltige Fischerei
Auf internationaler Ebene müssen alle Akteur*innen der Lieferkette, von den Importeur*innen bis hin zu den Verarbeiter*innen, sicherstellen, dass Fisch und Meeresfrüchte, die illegal und nicht nachhaltig gefangen wurden, nicht in unseren Supermarktregalen landen. Die verwobenen Netze der Fischereilieferketten lassen sich zwar nur schwer entwirren, doch robuste Sorgfaltsmaßnahmen können dafür sorgen, sodass Unternehmen für Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen, die sie verursachen, zur Rechenschaft gezogen werden. Nur so können wir der IUU-Fischerei ein Ende setzen. Die beste Waffe, die wir gegen illegale Fischerei und damit einhergehende Menschenrechtsverletzungen haben, ist Transparenz. Transparente, eindeutige Informationen werden es Regierungen und Unternehmen ermöglichen, ihrer Sorgfaltspflicht wirksam nachzukommen.
Wir können deutlich mehr Transparenz in der Fischereiindustrie schaffen, indem wir Informationen über Verstöße gegen Vorschriften, Listen von Fanglizenzen und die wahren Eigentümer*innen von Schiffen veröffentlichen. Es muss eine öffentliche, für alle zugängliche Liste der genehmigten Offshore-Fischereiprojekte sowie ein nationales Schiffsregister geben, in dem sowohl Schiffsnummern als auch Schiffskennungen enthalten sind.
Die Informationen im „Global Record of Fishing Vessels“ der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) über chinesische Fernfischereischiffe muss ebenfalls auf dem neuesten Stand gehalten werden. Die Schiffe sollten eine eindeutige Kennnummer erhalten – so wie auch Autos eine eindeutige Kennung durch das Nummernschild haben müssen. Sogenannte „Billigflaggen“, durch die Schiffen in ausländischem Besitz unter der Flagge fremder Länder fahren dürfen, ohne dass diese die Möglichkeit oder Absicht haben, ihren Betrieb zu überwachen, sollten ebenfalls verboten werden.
Dieser Artikel konzentriert sich auf Erkenntnisse, die wir im Rahmen unserer Ermittlungsarbeit über die chinesische Fernfischereiflotte gesammelt haben. Dennoch müssen alle Staaten Maßnahmen für mehr Transparenz gemeinsam mit anderen Interessengruppen, wie dem privatwirtschaftlichen Sektor, internationalen Regierungsinstitutionen und Verbraucher*innen, umsetzen. Durch gemeinsames Handeln entlang der gesamten Lieferkette können wir die Schäden, die illegale Fischerei auf unseren Meeren verursacht, reduzieren.
Unser Ozean steht bereits am Rande des Zusammenbruchs. Wir haben keine Zeit zu verlieren – wir müssen jetzt eine transparente, nachhaltige, legale und ethische Fischerei schaffen.
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