EJF-Bericht: Jagd auf Jungfische – Ghanas Fischerei vor dem Kollaps
Ghanas Fischerei liefert Nahrung und Einkommen für die Küstengemeinden und bildet damit eine wichtige Lebensgrundlage für die Bevölkerung des westafrikanischen Landes. Angesichts der Ausbreitung des Coronavirus ist sie aktuell wichtiger denn je. Doch ein neuer EJF-Bericht belegt, dass industrielle Trawler Ghanas Fischereisektor ernsthaft bedrohen und an den Rand des Zusammenbruchs treiben – durch die illegale Jagd auf Sardinellen.
Ein neuer Bericht der Environmental Justice Foundation (EJF) hat ergeben, dass die Proben der sogenannten "Saiko"-Fänge zu 99% aus Jungfischen bestehen. Dies ist äußerst besorgniserregend, denn diese Jungfische sind für die Erholung der Population von entscheidender Bedeutung. Darüber hinaus stehen die Sardinellen-Bestände bereits am Rande des Zusammenbruchs, nachdem sie in den letzten zwanzig Jahren um 80% abgenommen haben.
"Saiko" ist eine besonders zerstörerische Form des illegalen Fischfangs, bei der ausländische Trawler Jagd auf den Hauptfang der ghanaischen Kanufischer machen, ihn auf See auf speziell angepasste Boote umladen und diesen gestohlenen Fisch mit Gewinn an die lokalen Gemeinden zurück verkaufen.
EJF-Untersuchungen im vergangenen Jahr ergaben, dass dieser Handel allein im Jahr 2017 rund 100.000 Tonnen Fisch verschlang, was Ghana Millionen Dollar an Einnahmen kostete und die Ernährungssicherheit und die Lebensgrundlagen der Küstengemeinden akut bedroht. Einer neueren Einschätzung der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge steht die zwischen Ghana, der Elfenbeinküste, Togo und Benin geteilte Sardinellen-Fischerei kurz vor dem völligen Zusammenbruch.
Neuer EJF-Bericht mit Daten zu Jungfischen
In der neuen Studie untersuchte EJF insgesamt 18 gefrorene Blöcke des "Saiko"-Fisches, die im Hafen von Elmina angelandet wurden. In zwei Dritteln der Blöcke waren Sardinellen vorhanden; 99% davon waren Jungfische, die unter der gesetzlichen Mindestanlandegröße lagen. EJF untersuchte auch die von Trawlern angelandeten Beifänge und fand ein sehr ähnliches Bild vor: 99% der Sardinellen waren unter der legalen Mindestgröße.
Die Schleppnetzfischerei mit illegalen Netzen, deren Maschenweite kleiner als die gesetzliche Mindestgröße ist, stellt in Ghana ein großes Problem dar. EJF dokumentierte Zeugenaussagen von Fischerei-Beobachtern und Besatzungsmitgliedern der Industrieschiffe, die belegen, dass solche Netze routinemäßig eingesetzt werden.
"Wir haben ein zugelassenes Netz mit einer Maschenweite von 60 mm. Aber einige verwenden diese Netze nicht. Sie verwenden Maschen, die weniger als 60 mm lang sind... Wenn sie diese Netze verwenden, können die Jungfische nicht mehr hinaus. Also fangen sie am Ende des Tages alles."
– Anonymer Fischerei-Beobachter
"Die Netze, mit denen wir fischen, sind die Netze mit den größeren Maschenöffnungen, aber der Kapitän will viele Fische fangen, also legt er Netze mit kleineren Maschenöffnungen in die großen Netze hinein."
– Anonymes Besatzungsmitglied eines Industrieschiffes
Ein hartes Durchgreifen gegen die "Saiko"-Fischerei ist dringend notwendig. Obwohl das Umladen der "Saiko"-Fänge, die Verwendung von Netzen mit zu kleinen Maschenöffnungen und das Anlanden von Jungfischen allesamt illegale Praktiken sind, die im ghanaischen Recht klar geregelt sind, finden sie oft unkontrolliert weiter statt.
Wenn Sanktionen verhängt werden, sind sie inkonsequent und schwach. So beträgt beispielsweise die gesetzlich vorgeschriebene Mindeststrafe für die Verwendung illegaler Netze und das Anlanden von Jungfischen nach ghanaischem Recht eine Million US-Dollar. Doch es gibt zahlreiche Fälle, in denen sich Schiffsbesitzer weigern, die Beträge zu zahlen oder die einen geringeren Betrag bezahlen und dann eine neue Fischerei-Lizenz erhalten.
Ghanas Regierung in der Pflicht
In diesem Jahr verpflichtete sich die Regierung dazu, allen nationalen und internationalen Schiffen, bei denen festgestellt wurde, dass sie "Saiko"-Fischerei betreiben, den Fischfang in ghanaischen Gewässern zu verbieten. Sie muss dieses wichtige Versprechen einhalten und unverzüglich alle Verdachtsfälle von "Saiko"-Fischerei untersuchen und transparent strafrechtlich verfolgen.
Gründliche Inspektionen der Anlandungen von industriellen Trawlern sind erforderlich, um sicherzustellen, dass sie nur Fische der Art und Größe fangen, die in ihrer Lizenz vorgeschrieben sind und dass die angelandeten Fänge über der gesetzlichen Mindestgröße liegen.
In Zeiten von COVID-19 sind stabile Lebensgrundlagen und Ernährungssicherheit wichtiger als je zuvor. Ghanas Fischerei befindet sich in einer Krise: Kanufischer kommen mit leeren Händen von ihren Fangtouren nach Hause; das Land ist gezwungen, die Hälfte seines Fischs zu importieren; der Staat verliert jedes Jahr Millionen von Dollar an Einnahmen.
Die Regierung hat die Möglichkeit, diese illegalen und höchst schädlichen Aktivitäten zu stoppen. Doch sie muss unverzüglich handeln und hart durchgreifen, um "Saiko" endlich ein Ende zu setzen.
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