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Schutz der Meeresflora- und -fauna in Europa
Meere

Schutz der Meeresflora- und -fauna in Europa

Einleitung rechtlicher Schritte zur Beendigung der Grundschleppnetzfischerei in EU-Meereschutzgebieten

Meeresschutzgebiete sollten Rückzugsorte für die Tier- und Pflanzenwelt sein, doch in Europa sind sie durch zerstörerische Fischereimethoden, wie die Grundschleppnetzfischerei, bedroht. Diese Praxis findet in großem Umfang in Natura-2000-Gebieten statt. Es ist Zeit, das zu stoppen.

Geschützte Gebiete oder nur Linien auf einer Landkarte?

Meeresschutzgebiete (Marine Protected Areas, MPAs) sind entscheidend für die Gesundheit der Meere. Sie spielen eine wichtige Rolle beim Schutz mariner Lebensräume und Arten und stärken die Fähigkeit des Ozeans, sich gegen die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu wappnen. Außerdem helfen sie, Überfischung zu bekämpfen.

Trotz der Verpflichtungen der EU-Mitgliedstaaten, bis 2030 30 % ihrer Meere zu schützen, ist die aktuelle Situation besorgniserregend: Derzeit sind nur 12 % der EU-Meere geschützt, und weniger als 2 % davon haben einen strengen Schutzstatus. Auch wenn es MPAs gibt, fehlen häufig effektive Regelungen und eine ordnungsgemäße Verwaltung, sodass sie oft nur als theoretische Schutzgebiete auf Landkarten existieren.

Es steht viel auf dem Spiel: Die meisten geschützten Meereslebensräume in der EU befinden sich in einem schlechten Erhaltungszustand, und die Grundschleppnetzfischerei ist ein bedeutender Faktor beim Verlust der biologischen Vielfalt im Meer.


Schleppnetzfischerei in Natura-2000-Meeresschutzgebieten, gemessen in sichtbaren Fangstunden (durchschnittlich pro Jahr zwischen 2021 und 2023). Dunklere Orangetöne markieren Gebiete, die stärker belastet sind. Die Daten berücksichtigen nur Meeresgebiete, in denen im genannten Zeitraum durchschnittlich mindestens zehn Stunden pro Jahr gefischt wurde (Quellen: GFW, EEA, WDPA).

Warum ist Grundschleppnetzfischerei ein Problem?

Grundschleppnetzfischerei gehört zu den am häufigsten praktizierten und zugleich schädlichsten Methoden, die den Meeresboden und seine Lebensräume massiv beeinträchtigen. Aktuell sind 79 % des Meeresbodens in den Küstengebieten der EU physisch gestört, hauptsächlich durch diese Fischereimethode. Schätzungsweise hat ein Viertel der Küstengebiete der EU bereits seine natürlichen Lebensräume am Meeresboden verloren.

  • Bei der Grundschleppnetzfischerei werden beschwerte Netze und starre Konstruktionen über den Meeresboden gezogen, wobei alles mitgerissen wird, was sich ihnen in den Weg stellt. Dies führt zu gravierenden und langfristigen Schäden an marinen Lebensräumen und beeinträchtigt die Funktionen ganzer Ökosysteme.
  • Grundschleppnetzfischerei ist zudem für 92 % aller gemeldeten Fischrückwürfe in der EU verantwortlich und verursacht den unbeabsichtigten Fang von Walen, Meeresschildkröten und anderen wandernden Arten in großem Umfang.
  • Die Praxis steht in direktem Widerspruch zu den Zielen von Meeresschutzgebieten. Bleibt sie in Schutzgebieten weiterhin erlaubt, verstößt das klar gegen geltende Gesetze.
Die Gesetze sind eindeutig, und die Wissenschaft lässt keinen Zweifel: Grundschleppnetzfischerei ist mit Meeresschutzgebieten unvereinbar. Die EU-Mitgliedstaaten müssen handeln, damit Schutzgebiete mehr sind als bloß Linien auf einer Landkarte.

Steve Trent, Geschäftsführer (CEO) und Gründer, Environmental Justice Foundation

Was schreibt das Gesetz vor?

Die EU-Vogelschutz- und die Habitat-Richtlinie setzen verbindliche Standards für den Naturschutz in allen 27 EU-Mitgliedstaaten. Sie bilden die Grundlage für das Natura-2000-Netzwerk, das geschaffen wurde, um gefährdete Arten und Lebensräume zu schützen. Dieses Netzwerk verpflichtet die Mitgliedstaaten, wissenschaftlich fundierte Ziele für den Schutz von wild lebenden Tieren, Pflanzen und ihren Lebensräumen in den Schutzgebieten festzulegen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.

Dabei müssen die Staaten sicherstellen, dass natürliche Lebensräume und Arten keinen Schaden nehmen. Jede Aktivität, die ihnen schaden könnte, muss vorab sorgfältig geprüft werden, bevor eine Genehmigung erteilt wird. Das schließt auch Einschränkungen für die Fischerei mit ein.

Trotz dieses klaren gesetzlichen Rahmens sind viele Schutzgebiete weiterhin gefährdet. Nur 4 % der Natura-2000-Gebiete verfügen über die notwendigen Maßnahmen für das Fischereimanagement, um die festgelegten Schutzziele tatsächlich zu erreichen.

Rechtliche Schritte gegen EU-Regierungen

Sogenannte „Papierparks“ – Schutzgebiete, die nur auf dem Papier existieren – müssen dringend in vollständig geschützte Gebiete umgewandelt werden, die echten ökologischen, klimatischen und sozialen Nutzen bringen. Das Verbot der Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten (MPAs) dient nicht nur dem Schutz der Natur, sondern auch der Sicherung einer nachhaltigen Zukunft für die Fischerei, die auf gesunde Meere angewiesen ist.

Um dieses Ziel zu erreichen, haben wir rechtliche Schritte gegen ausgewählte EU-Regierungen und Behörden eingeleitet und fordern die EU-Institutionen auf, gegen Mitgliedstaaten vorzugehen, die geltendes Recht verletzen.

So etwa in Frankreich: Das Land hat eine führende Rolle bei internationalen Verhandlungen zum Schutz der Meere und der marinen Artenvielfalt gespielt und ein Netz aus Schutzgebieten geschaffen, das mehr als 33 % seiner Gewässer umfasst. Trotzdem sind 90 % der geschützten Meeresarten und -lebensräume in einem alarmierenden Zustand.

Map France


Durchschnittlicher jährlicher Fischereidruck in Stunden in französischen Natura-2000-MPAs (2021–2023)

Schleppnetzfischerei findet in französischen Meeresschutzgebieten nahezu ungehindert statt: Allein im Jahr 2023 wurden in Frankreichs Schutzgebieten – die 77 % der Natura-2000-Meeresschutzgebiete des Landes ausmachen – über 200.000 Stunden Schleppnetzfischerei registriert. Diese Praxis verursacht erhebliche und nachhaltige Schäden an zahlreichen Meereslebensräumen und -arten.

Der Antrag richtet sich gegen die Zerstörung mariner Lebensräume durch die Grundschleppnetzfischerei in den Meeresschutzgebieten Chausey und Bancs des Flandres. Frankreich erfüllt in diesen Gebieten seine Verpflichtungen zum Schutz der Meereslebensräume gemäß EU-Recht nicht.

Gemeinsam mit unserem Partner Défense des Milieux Aquatiques (DMA) haben wir rechtliche Schritte gegen die französische Regierung eingeleitet, weil sie es versäumt hat, Grundschleppnetzfischerei in Meeresschutzgebieten zu verbieten. Unser Ziel ist es, dass diese Schutzgebiete wirklich wirken – als echte Oasen der Artenvielfalt.

Marie Colombier, Ocean Campaignerin, Environmental Justice Foundation

Wir hoffen, dass dies die französische Regierung anspornen wird, rasch Maßnahmen zu ergreifen, um die zerstörerische Fischerei in ihren Schutzgebieten zu beenden. Durch die Einhaltung der Gesetze und die Förderung eines fairen Übergangs zu nachhaltigeren Aktivitäten können Frankreich und andere EU-Mitgliedstaaten ihre Versprechen gegenüber ihren Bürger*innen und der internationalen Gemeinschaft einhalten.

Philippe Garcia, Präsident, Défense des Milieux Aquatiques

Heute handeln für effektiven Meeresschutz von morgen

  • Die EU-Mitgliedstaaten sollten bis 2030 sicherstellen, dass 30 % ihrer Meere wirksam geschützt sind, davon 10 % unter strengem Schutz. Dies ist notwendig, um die EU-Strategie zur biologischen Vielfalt 2030 und die globalen Biodiversitätsziele zu erreichen. Dabei sollten nur die Meeresschutzgebiete (MPA) berücksichtigt werden, die durch wirksame Erhaltungsmaßnahmen tatsächlich geschützt sind.
  • Im Einklang mit EU- und nationalen Naturschutzgesetzen sollten die EU-Mitgliedstaaten sofort ambitionierte Erhaltungsmaßnahmen ergreifen, um die Erhaltungsziele für alle Natura-2000-Gebiete zu erreichen. Dazu gehört auch die Beendigung schädlicher Aktivitäten wie der Grundschleppnetzfischerei sowie die Einführung effektiver Schutzsysteme für diese Gebiete.
  • Die EU-Mitgliedstaaten sollten die Grundschleppnetzfischerei in allen MPAs beenden, um die Wirksamkeit der Schutzgebiete zu gewährleisten. Zudem sollten sie handwerkliche Fischer*innen, die diese Methode anwenden, bei der Umstellung auf nachhaltigere Fangmethoden unterstützen.
  • Die Europäische Kommission muss Maßnahmen ergreifen, um sicherzustellen, dass die EU-Mitgliedstaaten ihren Verpflichtungen aus der Vogelschutz- und der Habitatrichtlinie nachkommen, indem sie die Grundschleppnetzfischerei und andere zerstörerische Fischereipraktiken in Natura-2000-Gebieten verbieten.

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